Vor 50 Jahren starteten sie ihre Karriere mit dem brachialen Intro von „You Really Got Me“. Heute gelten The Kinks als eine der bedeutendsten britischen Bands der Rock-Ära. Mit dem wunderbaren Boxset „The Anthology 1964-1971“ feiern Ray Davies & Co. nun ihr 50-jähriges Jubiläum.

Text: Ernst Hofacker

Manchmal muss man auf den Tisch hauen, um sich Gehör zu verschaffen. Im übertragenen Sinne war es genau das, was Dave Davies, Gitarrist der aufstrebenden Londoner Band The Kinks, im Sommer 1964 tat, als er mit seinen Kollegen in den Pye Studios die dritte Single aufnahm. Davies verfremdete den Sound seiner „Harmony Meteor“-Gitarre und seines „El Pico“-Verstärkers mit Hilfe einer Rasierklinge und ritzte die Membran des Lautsprechers auf. Das Ergebnis war die Blaupause dessen, was wir heute als Hardrock kennen – und ein Stück Popgeschichte.

Der seinerzeit revolutionäre Gitarrensound indes war beileibe nicht alles, was die Kinks in die Waagschale zu werfen hatten. Daves Bruder Ray Davies, seines Zeichens Sänger der Band, erwies sich zudem sehr bald als einer der originellsten, phantasievollsten und talentiertesten Songwriter seiner Generation. Eine lupenreine Hitserie, die über das komplette restliche Jahrzehnt anhielt und The Kinks als die neben Beatles, Rolling Stones und Who wichtigste britische Band etablierte, war die nahezu zwangsläufige Folge. Songs wie „A Well Respected Man“, „Dedicated Follower Of Fashion“, „Sunny Afternoon“ und „Waterloo Sunset“ landeten in den britischen Top Ten und sorgten ganz nebenbei dafür, dass Pop sich nun neben den klassischen Boy/Girl-Themen auch mit der Lebenswirklichkeit der englischen Zweiklassengesellschaft befasste.

Meilensteine in Serie

Spätestens mit dem grandiosen „Face To Face“ (1966) demonstrierte die Band dann, dass sie die Klasse ihrer Singles auch auf dem anspruchsvollen Albumformat halten konnte. Meilensteine wie „Something Else“ (1967), „The Village Green Preservation Society“ (1968), „Arthur (Or The Decline And Fall Of The British Empire)“ (1969) und „Muswell Hillbillies“ (1971) unterstrichen das nachdrücklich.

Als The Kinks im Jahr 1971 Pye Records verließen, um bei RCA zu unterschreiben, hatten sie ihrem alten Plattenlabel ein reiches Erbe hinterlassen: neun Studioalben, ein Livealbum, dazu weit über dreißig Singles, darunter Welthits wie „Lola“ und „You Really Got Me“.

Nun erscheint mit „The Anthology 1964-1971“ zum ersten Mal ein Boxset, das die Pye-Jahre der Kinks in angemessener Weise würdigt. 139 Tracks sind auf den fünf CDs zu hören, neben den Hits sind dies Albumtracks, Alternative Takes, Backing Tracks, Demos und Studio-Outtakes, insgesamt 25 bislang unveröffentlichte Aufnahmen, überdies Radiospots und Interviewausschnitte.

Das komplette Material wurde sorgfältig restauriert und neu gemastert. Clou des Geburtstags-Packages: Die 7“-Vinylsingle „You Really Got Me“ b/w „Milk Cow Blues“, aufgenommen live 1964/65 in den Twickenham Television Studios. Ergänzt wird „The Anthology 1964-1971“ durch ein 54-seitiges Begleitbuch mit Track-by-Track-Infos, ausführlichen Liner Notes von Kinks-Biograph Peter Doggett sowie liebevoll editiertem Foto-, Presse- und Promomaterial. Kurzum: Ein längst verdientes Denkmal für eine der größten britischen Bands ihrer Zeit!

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