BOB DYLAN: GEFÜHLTER NOBELPREISTRÄGER
Auch in diesem Jahr war’s mal wieder nichts: Am 6. Oktober verlieh das Nobelpreis-Komitee in Stockholm den diesjährigen Preis in der Kategorie „Literatur“ an den schwedischen Schriftsteller Tomas Tranströmer – der zum engsten Favoritenkreis gehörende Bob Dylan ging einmal mehr leer aus.
Text: Ernst Hofacker
Bis auf Platz drei hatte er es bei britischen Buchmachern gebracht, wo man seit eh auch Wetten auf die Preisträger des Literatur-Nobelpreises abschließen kann. In der Tat schien es nicht unwahrscheinlich, dass „Columbia Recording Artist“ Bob Dylan, der Mann, der dem Pop die Sprache schenkte, nun in den erlauchten Kreis der geehrten Dichterfürsten aufgenommen würde. Indes, das Verleihungskomitee blieb seinem Ruf treu und zeichnete in diesem Jahr den inzwischen 80-jährigen Lyriker Tomas Tranströmer aus, einen Literaten, den, wie so oft bei der Vergabe des Nobelpreises, kaum jemand auf der Rechnung hatte. Tranströmers Werk, vornehmlich Gedichte, gehört nicht unbedingt zu den umfangreichsten, es umfasst keine 100 Texte. Entsprechend wenige kennen ihn, selbst Marcel Reich-Ranicki hat seinen Namen nach eigenem Eingeständnis noch nicht gehört. Der mit umgerechnet 1,1 Millionen dotierte Nobelpreis sei dem schwerkranken Schweden, der zeitlebens unbeirrbar an seiner gänzlich unmodischen Lyrik festhielt und auf diese Weise zu einem der respektiertesten Dichter seiner Zeit wurde, trotzdem gegönnt.
Bob Dylan, inzwischen ohnehin mit kaum noch zu zählenden Auszeichnungen geehrt, braucht den Nobelpreis vielleicht nicht unbedingt. Möglicherweise aber könnte der Nobelpreis einen wie Bob Dylan gut gebrauchen – hohe Literatur findet schließlich nicht mehr nur in elitären Studierstuben statt, längst ist sie auch allgegenwärtig in den vermeintlichen Niederungen unserer Alltagskultur. The times they are a-changin’. Lange schon.