Feb
22
2017

Roy Orbison: “Black & White Night 30” – Eine Nacht für die Ewigkeit

Roy Orbison Black & White Night 30 Cover

30. September 1987, Cocoanut Grove Nachtclub im Ambassador Hotel in Los Angeles: Zuschauer und eine All-Star-Band der ganz besonderen Art sind gekommen, um einer Legende des Rock’n’Roll zu huldigen. Begleitet von Bruce Springsteen, Tom Waits und Elvis Costello kehrt Roy Orbison an diesem Abend endgültig ins Rampenlicht zurück. Mit der neuen Veröffentlichung der BLACK & WHITE NIGHT 30 mit bislang unveröffentlichtem Bildmaterial können die Fans diese magische Nacht vor 30 Jahren noch einmal “live” erleben…

Text: Chris Hauke

Die Bewunderung ist groß und sie wird in jeder Sekunde deutlich. Rockstars der ersten Liga fühlen sich geehrt, eines ihrer gemeinsamen Idole zu feiern. Schon der Background-Chor ist mehr als hochkarätig besetzt: Für “The Big O”, wie ihn seine Freunde nannten, singen an diesem Abend keine Geringeren als Jackson Browne, Bonnie Raitt oder Kanadas Superstar k.d. lang, mit der Orbison kurz zuvor seinen Hit “Crying” aus dem Jahr 1961 für den Soundtrack des Films “Inkognito” neu eingespielt hat.

Hochkarätige Besetzung

Das Fundament legt die TCB-Band (steht für “Taking Care Of Business”) um Gitarrenikone James Burton, die schon Elvis Presley von 1969 bis zu seinem Tod zur Seite stand. Und dann sind da ja noch Bruce Springsteen, Elvis Costello und Tom Waits – drei hoch erfolgreiche Künstler, die ihre Liebe zu Roy Orbison vereint und an diesem Abend auf die Bühne bringen. Und es wird ein legendärer. Die Begeisterung und gegenseitige Wertschätzung der Musiker untereinander überträgt sich auf das Publikum, in dem auch Patrick Swayze, Billy Idol und Kris Kristofferson sitzen. Gut 70 Minuten bekommen sie und der Rest der Zuschauer im Cocoanut Hit auf Hit serviert.

Höhen und Tiefen

So viel Zuneigung hat Orbison lange nicht mehr erfahren. Gestartet als Labelkollege von Elvis Presley und Johnny Cash bei Sam Phillips’ Sun Records, wird er erst berühmt, als die erste Welle des Rock’n’Roll bereits vorüber ist. Von 1960 mit seiner Durchbruch-Single “Only The Lonely” bis 1964 mit “Oh, Pretty Woman” landet er auf beiden Seiten des Atlantiks große Hits in Serie und trotzt damit als einer der wenigen US-Künstler der schier übermächtigen Konkurrenz aus dem Vereinten Königreich, ehe Mitte der Dekade der Erfolg abflaut und Schicksalsschläge ihn hart treffen: Seine Frau stirbt 1966 bei einem Motorradunfall, seine beiden älteren Söhne kommen beim Brand seines Hauses zwei Jahre später ums Leben. Die Hippie-Bewegung und ihre Musik stellen ihn mit Anfang 30 aufs Abstellgleis. Orbison durchlebt maue Zeiten.

Furioses Comeback

Es ist ein Film, der ihn ins kollektive Bewusstsein zurückholt. Regisseur David Lynch nutzt seinen Song “In Dreams” für BLUE VELVET (1986) zwar ohne Zustimmung, präsentiert ihn damit jedoch einer neuen Generation von Hörern. Doch auch gestandene Musikerkollegen wie Tom Petty, Bob Dylan, George Harrison oder Jeff Lynne haben den Mann mit der Sonnenbrille nicht vergessen. Gemeinsam gründen sie die Traveling Wilburys, dazu nimmt Orbison mit Lynne und weiteren Unterstützern wie Bono und The Edge von U2 oder Elvis Costello seinen Comeback-Longplayer “Mystery Girl” auf, dessen Charterfolg er jedoch nicht mehr erleben darf.

Ein magischer Abend

Doch an diesem Abend kann Roy sein Leben und Werk noch einmal in vollen Zügen genießen. Beim großen Finale, dem doppelt gespielten “Oh, Pretty Woman”, gehen bei der Prominenz auf der Bühne die Gäule durch – Costello lässt sich auch von einer gerissenen Gitarrensaite nicht im Mindesten aus dem Rausch bringen, Springsteen fordert gar James Burton zum ausgelassenen Gitarrenduell heraus. Alle haben mächtigen Spaß an dieser ganz besonderen Performance. Am Ende gibt es stehende Ovationen des Publikums, dem gerade bewusst wurde, an diesem Abend Zeitzeuge eines legendären Konzertes gewesen zu sein.

Gut ein Jahr darauf ist alles Geschichte: 14 Monate später erliegt Roy Orbison einem Herzinfarkt, das Ambassador Hotel und der Cocoanut Grove Club werden für Publikum geschlossen und dienen fortan nur noch als Filmkulisse. Einer der ersten Filme, der danach dort gedreht wird: PRETTY WOMAN (1990).

Roy Orbison Black & White Night 30 CoverDas Set BLACK & WHITE NIGHT 30 erscheint im Set als CD/DVD und CD/Bluray. Auf beiden ist der Abend erstmalig in der Original-Songreihengfolge zu sehen und hören, neben den 19 Songs der Sets gibt es jeweils Bonus-Aufnahmen der “Secret Post Show”, bei der nach dem eigentlichen Konzert fünf Songs noch einmal neu gespielt wurden. Die Audio-Files lassen sich per Download-Code herunterladen, das Filmmaterial ist neben weiteren Features wie Interviews oder Aufnahmen der Proben auf der DVD enthalten. Zudem wartet das Booklet mit schönen Fotos und Zitaten der teilnehmenden Superstars auf.