Joe Satriani: Der Außerirdische
Mit über zehn Millionen verkauften Alben ist Joe Satriani der erfolgreichste Instrumental-Rockgitarrist aller Zeiten. Sein Publikum geht dabei weit über Gitarristen hinaus. Das Erfolgsgeheimnis liegt in seinen Fingern – und seinen Ohren.
Text: Chris Hauke
Gerade hat Joe Satriani sein 15. Studioalbum „Shockwave Supernova“ auf den Markt gebracht – darauf erzählt er die fiktive Geschichte eines herumreisenden Gitarristen, und das ganz ohne Text. Wie kaum einer seiner Kollegen schafft es der 1956 in Westbury, New York, geborene Ausnahmemusiker, mit seinem Spiel Bilder im Kopf seiner Hörer zu erzeugen. Satrianis Melodien und Phrasierungen liegen so nah an der menschlichen Stimme, dass er nicht umsonst als der „vokalste“ unter den Gitarristen bezeichnet wird. Schon zu Beginn seiner Karriere stellte Satriani trotz seiner herausragenden Technik das Gefühl an erste Stelle: „Ich höre lieber, dass jemand sagt: ‘Was für ein großartiges Solo, ich werde es niemals vergessen’, als ‘Du hast aber eine tolle Technik’. Auf ein solches Lob bin ich nicht scharf. Ich will sicher sein, dass technische Vorführungen nicht zum Sinn und Zweck eines Stückes werden.“
Meilensteine der Musik
Als er in der zweiten Hälfte der Achtziger loslegte – unterstützt mit warmen Worten seines Freundes und einstigen Schülers Steve Vai in der Presse –, ließ Satch die damalige Generation von selbstverliebten Schnellspielern alt aussehen und erschuf 1987 mit „Surfing With The Alien“ einen Genre-Meilenstein. Sein Erfolgsgeheimnis damals wie heute: Satriani spielt wie ein Außerirdischer, denkt dabei aber wie ein gewöhnlicher Erdenhörer. Er versteht es, seine Kompositionen mit Stimmungen und Farben zu versehen und gibt ihnen fast schon filmische Breite. Daher ist es auch kein Wunder, dass seine Songs gerne und häufig für Film und Fernsehen herangezogen werden. In den Neunzigern war sein „Cryin’“ vom Album „The Extremist“ das Motiv der Fußballsendung „ran“, was ihm hierzulande einen weiteren Popularitätsschub auch unter Nichtgitarristen brachte. Für die Werbung seines neuen Discman wählte Sony die Nummer „Summer Song“ vom gleichen Album aus und bewirkte damit Ähnliches wie Sat. 1 mit seiner Kickershow. Auch in Filmen ist Satrianis Musik zu hören: „Say Anything“ von Cameron Crowe sowie „Nash Bridges“ mit Don Johnson verwenden mit „One Big Rush“ sowie „Can’t Slow Down“ zwei Songs seines 89er-Albums „Flying In A Blue Dream“. Manchmal werden Satrianis Nummern aber auch ganz anders in Szene gesetzt: Coldplays Smash-Hit aus dem Jahr 2008, „Viva La Vida“, erinnert in Teilen frappierend an Satrianis „If I Could Fly“ vom 2004er-Album „Is There Love In Space?“. Ein von Satriani angestrengtes Gerichtsverfahren wurde außergerichtlich erledigt.
Wo Worte fehlen, müssen Titel eine Richtung vorgeben. „Songtitel sind für mich enorm wichtig, denn alle Songs beruhen auf Erlebnissen, die ich hatte. Ob nun etwas Wunderbares dahinter steht oder eine tragische Geschichte. Bei Instrumentals gibt es keinen Text, der ein genaues Bild zeichnet. Du überlässt es komplett der Musik, eine bestimmte Stimmung oder Aussage zu vermitteln“, bringt der Gitarrist sein Credo auf den Punkt. Zwei ständig wiederkehrende Motive in seinen Titeln und Covern sind Science Fiction und Comics. In seinem als nächstes anstehendem Projekt kommt beides zusammen: „Crystal Planet“ ist eine animierte Science-Fiction-Serie, zu der Satriani nicht nur die Musik beiträgt. Da ist es auch kein Wunder, dass „Shockwave Supernova“ in George Lucas’ Skywalker Sound Studio entstanden ist – dort also, wo auch die Soundeffekte der „Star Wars“-Filme kreiert wurden und werden.
Die fünf wichtigsten Alben von Joe Satriani:
Surfing with the Alien (1987)
Die Messlatte für Gitarrenalben in der zweiten Hälfte der Achtziger. Mit der Kombination aus grandioser Technik und außergewöhnlicher Melodieführung beeindruckt Satriani auch Nichtgitarristen.
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Flying in a blue Dream (1989)
Auf dem Nachfolger tritt Satriani erstmalig als Sänger in Erscheinung. Neu im Programm sind auch ein Banjo und eine Mundharmonika.
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The Extremist (1992)
Der dritte Volltreffer in Serie. Als Sat. 1 den Song „Cryin’“ für seine Fußballsendung „ran“ einsetzt, werden in Deutschland ganz neue Hörerschichten auf Satriani aufmerksam.
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G3: Live in Concert (1997)
1995 entwickelt Satriani das Konzept der G3 – eine Konzertreihe mit wechselnden Gitarristen, die zunächst einzeln und dann gemeinsam performen. Die erste Inkarnation umfasst neben Satriani auch Steve Vai und Eric Johnson.
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Shockwave Supernova (2015)
Mit dem deutschen Schlagzeuger Marco Minnemann im Rücken zeigt Satriani auf seinem 15. Studioalbum, dass ihm die Ideen auch nach 30 Jahren an vorderster Gitarrenfront nicht ausgehen..
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