KEVIN COSTNER “FILMEMACHEN IST ZIEMLICH TROCKEN”
… und deshalb tourt der Hollywood-Star gerade wieder mit seiner Rockband Modern West. Im Interview spricht Costner über Tarantino und Obama, beschreibt seine nächsten Filmprojekte und verrät außerdem, warum ihm die Musik manchmal mehr Spaß macht als seine Filmarbeit.
Von Johannes Waechter
Kevin Costner, Sie sind 1955 geboren worden und in den Sechzigern aufgewachsen. Was für Musik haben Sie in Ihrer Jugend gehört?
Ich denke mal das, was alle anderen auch gehört haben. Motown, die Doors, Cream, die Beatles, James Taylor, Carole King.
Von wem waren Sie Fan?
Am ehesten noch die verschiedenen Motown-Gruppen. Diana Ross fand ich sehr gut – das wird wohl keinen überraschen, der mich und Whitney Houston in The Bodyguard gesehen hat.
Viele Leute waren überrascht, als Sie vor ein paar Jahren anfingen, selbst Musik zu machen.
Mich überrascht vor allem, dass wir erfolgreich sind. Eigentlich wollte ich nur ein bisschen Musik spielen, wenn ich gerade keine Filme drehe. Ich hatte nie im Sinn, eine zweite Karriere anzufangen, nie einen großen Plan. Aber jetzt mögen uns die Leute und kommen in unsere Konzerte. Vor allem in Europa werden wir gut aufgenommen.
Dann ist Ihre Band Modern West in Europa populärer als in den USA?
Nein, da mögen sie uns auch.
Wie würden Sie Ihre Musik beschreiben? Country? Rock?
Ich finde nicht, dass wir Countrymusik machen. Viele versuchen, uns in diese Schublade zu stecken. Könnte wohl daran liegen, dass wir Modern West heißen und dass es in den Songs teilweise um den amerikanischen Westen geht. Aber für Country ist unsere Musik zu gitarrenlastig, finde ich. Nein, für mich ist es Rock.
Ihnen wird wahrscheinlich gefallen, dass man als Musiker viel direkter mit dem Publikum in Kontakt kommt als als Filmstar.
Ja, klar. Filmemachen ist eine ziemlich trockene Kunst. Da gibt es keine Emotionen im Raum außer denen, die du selber kreierst. Ich habe mich sehr nach diesem unmittelbaren Feedback gesehnt, dass du als Musiker bekommst. Mit der Band aufzutreten, ist das wichtigste für mich an der ganzen Sache. Ich mache keinen Riesen-Publicity-Zirkus, um vielleicht ein paar Platten mehr zu verkaufen, ich will vor allem spielen.
Viele dürften auch deshalb in Ihre Konzerte kommen, weil sie den Filmstar mal in echt erleben wollen.
Wir lernen unser Publikum gerade erst kennen, aber diese Neugier spielt auf jeden Fall eine Rolle. Wir versuchen, die Leute dann trotzdem mit unserer Musik zu überzeugen. Wie ich schon sagte, wir werden überall gut aufgenommen.
Wie lange spielen Sie denn schon Gitarre?
Nicht lange. Ungefähr fünf Jahre. Ursprünglich habe ich mal Klavier gespielt, klassische Musik. Ein Gitarrenvirtuose werde ich nicht mehr, aber ich muss etwas spielen, während ich singe. Ich spiele die Gitarre ziemlich rhythmisch, das funktioniert ganz gut, denke ich.
Wie läuft’s denn mit den anderen Typen in der Band? Haben die nicht große Ehrfurcht vor Ihnen, dem Filmstar?
Nein, denn zwei von denen, John und Blair, kenne ich schon, seit wir alle zwanzig waren. John war bereits in der ersten Band, in der ich je gespielt habe. Mit ihm habe ich die Band vor ein paar Jahren neu gegründet. Wir sind alles reife, verheiratete Männer, die sich auf die Musik konzentrieren.
Sie touren gerne in Deutschland. Was gefällt Ihnen hier besonders?
In Deutschland kann man gut herumlaufen. Einfach die Straße entlanggehen, die Menschen anschauen, vielleicht etwas zu essen kaufen. So etwas finde ich immer lohnend. Ich interessiere mich sehr für Geschichte, und man merkt einfach, dass sich das Leben in Europa schon seit tausenden von Jahren abspielt. In den USA ist die Geschichte längst nicht so präsent.
In Deutschland gibt es auch viele Zeugnisse der dunklen Seite unserer Geschichte.
Eines meiner nächsten Filmprojekte heiß A Little War Of Our Own, da werde ich auch Regie führen. Der Film spielt zur Zeit des Zweiten Weltkriegs und handelt vom Aufeinandertreffen eines amerikanischen Sheriffs und eines deutschen U-Boot-Kommandeurs. Ich denke, die Welt kann viel aus der Geschichte lernen. Wir hatten vor siebzig Jahren diesen furchtbaren Krieg, jetzt sind Deutsche und Amerikaner die besten Freunde.
Die Frage ist, ob die derzeitigen Konflikte auch so einen versöhnlichen Ausgang haben.
Das ist zu hoffen. Es ist furchtbar, wenn Diktatoren ihre Länder auf den Pfad der Zerstörung führen, aus egoistischen und irrationalen Gründen.
Wie beurteilen Sie die konfrontative Art, wie gerade in Washington Politik gemacht wird?
Denen geht es nur ums Ego. Sie tun alles, um möglichst lange im Amt zu bleiben. Das Ego hindert die Männer und Frauen dort daran, sich darum zu kümmern, worum sie sich eigentlich kümmern sollten, nämlich um das Wohl unseres Landes und seiner Bewohner.
Sie haben Wahlkampf für Obama gemacht. Was sagen Sie zu seiner Amtsführung?
Stimmt, ich habe ihn gewählt. Aber ich weiß nicht, ob ich ihn noch einmal wählen werde. Meine Stimme muss er sich noch verdienen.
Es heißt, Sie seien für Quentin Tarantinos neues Projekt Django Unchained im Gespräch. Was können Sie mir darüber sagen?
Wir haben noch keinen Vertrag unterschrieben. Im September drehe ich jetzt erstmal in Rumänien, danach spiele ich Supermans Vater im nächsten Superman-Film. Dann kommt vielleicht der Film mit Quentin, mal sehen. (Anmerkung: Vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass Costner wegen Terminproblemen aus Tarantinos Filmprojekt ausgestiegen ist.)
Letzte Frage: Mit welchem anderen Musiker würden Sie gerne mal ein Duett singen.
Hm, da fällt mir auf Anhieb niemand ein.
Vielleicht Whitney Houston?
Sehr unwahrscheinlich.
Letzte Woche ist “From Where I Stand” (Edel) erschienen, das dritte Album von Kevin Costner & Modern West. Am Montag, den 26. 9., tritt die Band in München in der Tonhalle auf.
Johannes Waechter, 1969 geboren, stammt aus Berlin und war Mitte der Neunziger Musikredakteur der Berliner Stadtzeitschrift Zitty. Seit 1999 ist er Redakteur beim SZ-Magazin, wo er in den Jahren 2005 und 2006 zusammen mit Philipp Oehmke die Süddeutsche Zeitung Diskothek herausgegeben hat, eine 52-bändige Buch/CD-Reihe zur Geschichte der Popmusik. In diesem Blog geht es nicht nur um das derzeitige Popgeschehen, sondern vor allem um den großen Zusammenhang zwischen vergangener und aktueller Musik, inspiriert von Bob Dylans Worten: “It’s always good to know what went down before you, because if you know the past, you can control the future”.