FREDDIE MERCURY: KIND OF MAGIC
Vor 20 Jahren, am 24. November 1991, starb in London mit Freddie Mercury eine der schillerndsten Persönlichkeiten des Pop an den Folgen seiner AIDS-Erkrankung. Legacy Club erinnert an einen der ganz Großen.
von Ernst Hofacker
Gerüchte hatte es schon seit einiger Zeit gegeben. Als die böse Ahnung an jenem 24. November 1991 dann tatsächlich zur Gewissheit wurde, stand die Popwelt für einen Moment still. Weltweit verbreitete sich die Nachricht wie ein Lauffeuer: Queen-Frontmann Freddie Mercury hatte seinen Kampf gegen das tückische AIDS-Virus verloren – nur einen Tag, nachdem er die Öffentlichkeit mit einer vorbereiteten Presseerklärung über seine Erkrankung unterrichtet hatte.
Wer da gegangen war, stand außer Zweifel: einer der begabtesten Sänger, die der Pop überhaupt je hervorgebracht hat. Freddie Mercury, geboren am 5. September 1946 auf der ostafrikanischen Insel Sansibar als Farrokh Bulsara, verfügte über eine überaus volle und charakteristische Vier-Oktaven-Stimme. Er konnte damit sämtliche technische Register ziehen und alle nur denkbaren Stile bewältigen. Ob als theatralischer Poptroubadour, als kraftvoller Rockshouter, als swingender Rockabilly oder slicker Disco-Crooner – Mercury machte sich alles zu eigen, unangestrengt, souverän und gerne mit einer ordentlichen Portion Pathos. Womit er für Queen der ideale Frontmann war. Von Anfang an wollte diese Band größer sein als das Leben selbst, gewagter, gewaltiger und grandioser als alle Konkurrenz. Entsprechend fiel ihr Gesamtwerk aus, ein einzigartiger Kosmos voller prätentiöser Phantastereien: Angefangen bei den großartigen Glam-Prog-Kollagen ihres Frühwerks, über die Ausflüge in glitzernde Disco-Kälte, düstere Hardrock-Visionen und dramatische Klassizistik bis hin zu den bewegenden Hymnen der letzten Jahre, als Mercury längst schon von seiner tödlichen Krankheit wusste – Queen waren jederzeit bombastisch. Das galt im übrigen nicht nur für ihre Musik, sondern auch für ihre spektakulären Bühnenauftritte und visionären Videos. Ein Aspekt, für den Mercury federführend verantwortlich war.
All zu ernst nahm er selbst die eigene Kreativ-Kraftmeierei indes nie, nicht umsonst bemerkte er einmal, dass Queen-Songs nicht weiter als „Wegwerf-Pop“ seien. Was ihn nicht daran hinderte, dem Affen gekonnt wie keiner sonst Zucker zu geben. Hätte es Freddie Mercury nicht gegeben, ein perfekteres Symbol für den Hedonismus der 80er-Popkultur hätte sich auch der klügste Stratege nicht ausdenken können.
Getreu dem Motto der letzten zu Lebzeiten des Sängers veröffentlichten Queen-Single „The Show Must Go On“ haben sich die überlebenden Bandmitglieder seit dessen Tod nach Kräften bemüht, die Legende am Leben zu erhalten. Die Mittel waren dabei nicht immer nach dem Geschmack der riesigen Fangemeinde – das Ergebnis indes ist unzweifelhaft: Freddie Mercury gilt auch 20 Jahre nach seinen Tod als eine der schillerndsten Figuren der Unterhaltungsmusik des letzten Jahrhunderts. He was a kind of magic, indeed.
Zum Autor: Ernst Hofacker, Jahrgang 1957, hat als Redakteur unter anderem bei BRAVO, MUSIKEXPRESS und ROLLING STONE gearbeitet. Als Chefredakteur leitete er das Themenmagazin SOUNDS, im Frühling 2010 übernahm er GUITAR DREAMS. Gesprochen hat Hofacker im Laufe der Jahre mit Größen wie Ray Davies und Keith Richards. Dazu hat er diverse Bücher veröffentlicht, darunter das Standardwerk „Confessin’ The Blues – die Musik der Rolling Stones 1963-2010“. Im September erschien sein Buch “Giganten – Die legendären Baumeister der Rockmusik”