Bruce Springsteen: Wie Bruce zum Boss wurde
Ein gutes Jahrzehnt hat Springsteen gebraucht, um auf dem Plattenmarkt zum „Boss“ zu werden. Erst „Born In The U.S.A.“ machte ihn 1984 zum Superstar. Die Geschichte seiner ersten sieben Alben ist geprägt von Qual, innerer Zerrissenheit, Höhenflügen und Welthits – wie neuerdings auf einem faszinierenden Boxset nachzuerleben ist.
Text: Ernst Hofacker
Eigentlich war er schon wieder weg vom Fenster, bevor er richtig hinausgeschaut hatte: Zu Beginn des Jahres 1975 standen die Dinge durchaus nicht gut für Bruce Frederick Joseph Springsteen (25) aus Freehold, New Jersey. Zwei Alben hatte der Mann, den sie in seinem Umfeld bereits damals den „Boss“ nannten, veröffentlicht, und beide waren hoffnungslos gefloppt. Wenn das anstehende dritte nicht durch die Decke gehen würde, so viel stand fest, würde ihn Columbia Records rauswerfen, und die Plattenkarriere des hoffnungsvollen Newcomers wäre erledigt.
Letzte Chance mit „Born To Run“
Bei der Arbeit an diesem dritten Album lief denn auch schief, was schief laufen konnte. Das ursprünglich gebuchte Studio genügte den Anforderungen moderner Aufnahmetechnik nicht, Springsteen und seine Band verzettelten sich bei der Arbeit zusehends, der Sänger war frustriert, und der ersehnte Hit schien weiter entfernt denn je. Bekanntlich kam es dann doch anders. Springsteens Kumpel „Miami Steve“ van Zandt und „Rolling Stone“-Autor Jon Landau stießen zum Team und gaben die notwendigen Impulse. Allmählich nahm „Born To Run“ die Konturen an, die es nach seiner Veröffentlichung im Spätsommer 1975 zu einem der bedeutendsten US-Alben der 1970er Jahre werden ließen.
Ein Superstar war Springsteen – trotz Nr.-1-Platzierung des Albums und flächendeckender Medienpräsenz – in jenem Herbst dennoch nicht. Denn dazu gehört mehr als ein Hitalbum. Bis Springsteen allerdings die Gelegenheit zum nächsten Versuch bekam, sollten drei Jahre vergehen. Rechtsstreitigkeiten mit seinem alten Management hatten seine Karriere erst einmal lahmgelegt, und als „Darkness On The Edge Of Town“ 1978 endlich erschien, war es spröder, nachdenklicher und düsterer als sein Vorgänger ausgefallen. Erst mit „The River“ (1980), das mit „Hungry Heart“ Springsteens ersten echten Singlehit abwarf, begann der Sänger kommerzielle Höhenluft zu schnuppern.
Vom krediblen Storyteller zum Rockstar der Superlative
Sein nächster Schritt indes schien der denkbar falscheste: Mit „Nebraska“ brachte Springsteen 1982 eine karge, nur mit Akustikklampfe und Mundharmonika eingespielte Sammlung von Folkballaden auf den Markt – ein kommerzieller Schuss in den Ofen. Dafür aber eine Statement, das ihn als einen der begabtesten Storyteller seiner Generation auswies und ihm jede Menge Credibility für seinen nächsten Schritt verschaffte: Zwei Jahre später gelang Bruce Springsteen mit seinem siebten Album „Born In The U.S.A.“ der internationale Durchbruch. Sage und schreibe sieben Top-10-Singles (neben dem Titeltrack u. a. „Glory Days“, „I’m On Fire“ und „Dancing In The Dark“) wurden ausgekoppelt, mehr als 15 Millionen Alben wurden verkauft, und die anschließende Welttournee gilt bis heute als eine der erfolgreichsten seiner langen Karriere.
Springsteen war nun auch auf dem Plattenmarkt der „Boss“. Auf den Bühnen der USA war er es ohnehin längst, seit den frühen 1970er Jahren galten seine Konzerte mit der E Street Band als Hochämter der Rock-Ekstase. In Europa jedoch hatte er, abgesehen von zwei Konzerten in London im Jahr 1975, erst 1981 seine erste Tournee unternommen. Spätestens 1985 aber hatte Springsteen auch die Alte Welt im Sturm genommen.
Bruce Springsteens erste sieben Alben sind nun als CD- und Vinyl-Remasters erhältlich, sowohl separat wie auch als Box-Set „The Album Collection Vol. 1, 1973-1984“ (mit 60-seitigem Buch inklusive ausführlichen Liner Notes, original Press-Clippings und bislang unveröffentlichtem Fotomaterial). Die einzelnen Titel:
Greetings From Asbury Park, N.J. (1973)
The Wild, The Innocent & The E Street Shuffle (1973)
Born To Run (1975)
Darkness On The Edge Of Town (1978)
The River (1980)
Nebraska (1982)
Born In The U.S.A. (1984)
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