Feb
22
2021

WILLIE NELSON: Verneigung vor Frank Sinatra

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“THAT’S LIFE“ ist nach dem Grammy-ausgezeichneten “MY WAY“ das nunmehr zweite Album mit Sinatra-Covern, das Willie Nelson jetzt vorlegt. Klassiker, Standards und Favoriten von “Ol’ Blue Eyes“ im unvergleichlichen Stil der US-Country-Ikone…

Text: Alex Gernandt

Frank Sinatra! Willie Nelson! Der unvergessene Weltklasse-Crooner und der unverwüstliche Country-Outlaw. “Ol’ blue Eyes“ und der “Red headed Stranger“. Zwei einzigartige US-Musik-Ikonen. Beide zählen zu den Größten, nicht nur im amerikanischen Showbusiness. Auf den ersten Blick haben sie wenig miteinander zu tun. Aber eben nur auf den ersten Blick. “Sinatra war immer mein großes Vorbild, mein Lieblingssänger und mein Freund“, sagt Countrybarde Willie Nelson, dessen Karriere Mitte der 1950er begann. “Ich bin sehr froh, jetzt erneut ein Tribute-Album für ihn machen zu können.“ 

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Unter dem Titel “THAT’S LIFE“ veröffentlicht Willie Nelson jetzt das zweite Album mit Sinatra-Covern auf Legacy Recordings / SONY Music. Es ist sein 71. Studioalbum. Auf Liedern wie “Luck be a Lady“, “Just in Time“, “I’ve got you under my Skin“ und dem Titelsong, verneigt sich Willie musikalisch vor Frank Sinatra, der ihn stets inspiriert hatte. Für “MY WAY“, das erste Coveralbum, wurde er 2018 mit einem Grammy (“best traditional Pop album“) ausgezeichnet. 

Ein hochspannendes Experiment also, gerade vor dem Hintergrund, dass die beiden Ausnahmekünstler eine “mutual appreciation society“ bildeten, wie man im Business gern sagt. Das bedeutet schlicht: sie bewunderten einander gegenseitig! Sinatra nannte Nelson “einen meiner Lieblingssänger“, nachdem er einst seine Version von “Stardust“ gehört hatte. Die zwei traten 1984 sogar gemeinsam im Golden Nugget in Las Vegas auf. Willie Nelson war damals so groß und populär, dass Sinatra der Warm-Up-Act war. Nach einer Show war aber bereits wieder Schluß, weil sich Sinatra eine schwere Halsentzündung zugezogen haben soll. Sagt man. Andere Stimmen behaupten, es sei einfach unter seiner Würde gewesen, den “Opening-Act“ zu spielen – auch wenn er mit Willie freundschaftlich verbunden war. “Daran glaube ich nicht“, sagte Nelson später in einem Interview, “so war Frank nicht drauf! Er war immer ein Vollprofi, egal, ob Headliner oder nicht.“

Nun ehrt ihn Nelson also mit “THAT’S LIFE“, dem zweiten Teil der Frank-Sinatra-Coverversionen, die am 26. Februar 2021 veröffentlicht werden. Zu hören: elf Lieder – darunter Klassiker wie “I’ve got you under my Skin“, “In the wee small hours of the Morning“ oder “That’s Life“, Favoriten wie “You make me feel so young“ oder “Luck be a Lady“, aber auch Deep Cuts wie “Lonesome Road“, “A Cottage for sale“ oder “Just in Time“ sowie “I Won’t Dance“, ein Duett mit Diana Krall!

Buddy Cannon und Matt Rollings produzierten “THAT’S LIFE“ in den Capitol Studios in Hollywood, in denen “Ol’ Blue Eyes“ zwischen 1956 und 1961 viele Klassiker einsang, sowie in den Pedernales Studios in Austin, Texas. Gemixt wurde das Werk von keinem geringeren als Albert “Al“ Schmitt, der in seiner Karriere über 150 Gold- und Platin-Alben von u.a. Steely Dan, Toto, Quincy Jones, Natalie Cole und George Benson mixte und mehr Grammys einheimsen konnte als jeder andere Toningenieur im Musikbusiness.

EINE HOMMAGE AN SINATRA

Das Cover-Artwork von “THAT’S LIFE“, ein stimmungsvolles Gemälde, das Nelson mit seiner legendär lädierten Gitarre “Trigger“ (sie hat unfreiwillig zwei Löcher!) unter einer Straßenlaterne zeigt, ist eine Hommage an das Cover von Sinatras Albumklassiker “IN THE WEE SMALL HOURS“ aus dem Jahr 1955.

Als erste Single wurde die Nummer “Cottage for Sale“ ausgekoppelt, einer von Willies Lieblingssongs, komponiert von Larry Conley und Willard Robison. Aufmerksam wurde er auf die Nummer, nachdem er Jerry Jeff Walkers Version gehört hatte. “Was für ein großartiger Song, dachte ich mir. Dann fand ich heraus, das ihn bereits mehrere Sänger gesungen hatten. Aus gutem Grund.“ Sinatra hatte ihn ursprünglich 1959 für sein Album “NO ONE CARES“ aufgenommen.

Ebenfalls sehr hörenswert ist Willie Nelsons Version von “Nice work if you can get it“, des George und Ira Gershwin Klassikers von 1937. Die Nummer war längst ein Jazz-Standard, als ihn Frank Sinatra 1962 mit dem Count Basie Orchestra aufnahm, auch zu hören auf “SINATRA-BASIE: AN HISTORIC MUSICAL“. Weitere Versionen gibt es von Fred Astaire, Sarah Vaughn, Ella Fitzgerald, Miles Davis, Mel Tormé, Thelonious Monk, Stan Getz oder Benny Goodman.

“I’ve got you under my Skin“ zählte zu Sinatras Signature-Songs. Er sang diesen Cole-Porter-Klassiker erstmals 1946 in einer Radioshow, erschienen ist er 1956 auf dem Album “SONGS FOR SWINGIN’ LOVERS“, aufgenommen mit dem Nelson Riddle Orchestra. 1993 nahm Sinatra die Nummer erneut auf, im Duett mit U2s Bono Vox für seinen “Duets“-Longplayer.

Bereits im Jahr 1978 coverte Nelson Sinatra-Songs auf seinem Album “Stardust“, dem erfolgreichsten seiner Karriere. Willie sang darauf Klassiker des American Songbook, etwa “All of me“, “Stardust“, “Don’t get around much anymore“ oder “Someone to watch over me“, die eben auch Sinatra in seinem Repertoire hatte und populär machte.

DER HARTE WEG ZUR COUNTRY-IKONE

Geboren im April 1933 in Abbott, Texas, wuchs Willie in ärmlichen Verhältnissen bei seinen Großeltern auf, bekam mit sechs Jahren seine erste Gitarre geschenkt, stand mit zehn zum ersten Mal auf einer Bühne – und wurde schließlich zur gefeierten Country-Music-Ikone und zu einer der bedeutendsten Persönlichkeiten des US-Entertainment. Bekannt wurde er durch Hits wie “Blue Eyes crying in the Rain“, “Always on my Mind“ oder “On the Road again“. 

Er gewann unzählige Musikpreise und ist für zahllose Kollaborationen bekannt, mit Größen wie Bob Dylan, Neil Young, Dolly Parton oder Merle Haggard. Mit den Country-Kollegen Waylon Jennings, Johnny Cash und Kris Kristofferson spielte er in der “Bad Boy Group“ The Highwaymen. Sie alle gehörten der “Outlaw“-Bewegung an, in der sich Musiker vereinigten, die sich von den “kommerziellen Fesseln“ der Musikmetropole Nashville lösen und ihre eigene Musik spielen wollten. In den folgenden zehn Jahren nahmen die Highwaymen gemeinsam drei Alben auf und gingen mehrfach auf Welttournee. 

EIN MUSIKER MIT GROSSEM HERZEN

Seit langem ist Willie Nelson auch politisch aktiv und zeigt immer wieder Herz: Nachdem er 1973 ein Happening mit dem Namen “Independence Day Picknick” gründete, rief er im September 1985 zusammen mit Sänger John Mellencamp das Benefizkonzert “Farm Aid“ ins Leben, das seitdem mit großem Erfolg jährlich stattfindet zur Unterstützung notdürftiger landwirtschaftlicher Familienbetriebe in den USA. Für all seine Mühen und Errungenschaften, erhielt der Sänger und Songwriter Willie Nelson 1993 die größte Auszeichnung, die die Countrymusik zu vergeben hat: Er wurde in die “Country Music Hall Of Fame“ aufgenommen.

Das Songschreiben mag Willie von Leuten wie Hank Williams oder seinem texanischen Landsmann Bob Wills (“New San Antonio Rose“) gelernt haben – das Singen aber eindeutig von Frank Sinatra! “Von Frank habe ich mir auch das Phrasieren von Songs abgeschaut“, verrät Nelson. “Denn das hatte er drauf wie kein Zweiter. Frank konnte einfach alles singen, mit einem Feeling wie nur wenige.“  Willie Nelson kann das auch – einmal mehr eindrucksvoll zu hören auf “THAT’S LIFE“…

WILLIE NELSON: Verneigung vor Frank Sinatra