Nina Simone: Die Hohepriesterin des Soul und Jazz
Am 21. Februar 2018 wäre Nina Simone 85 Jahre alt geworden. Nina Simone war nicht nur eine der größten Künstlerinnen ihrer Ära, sondern machte sich auch als Bürgerrechtlerin einen Namen. Während ihrer gesamten Karriere kämpfte die ‘Hohepriesterin des Soul’ kompromisslos gegen Rassismus, trat für Gleichberechtigung ein und prangerte soziale Missstände an. Am 14. April wird sie – längst überfällig – in die Rock and Roll Hall of Fame aufgenommen.
Schon mit vier Jahren war ihr erstaunliches musikalisches Talent aufgefallen, das ihr eine professionelle Ausbildung zur Konzertpianistin ermöglichte. Ihre Begabung, gepaart mit atemberaubender Bühnenpräsenz und Stilsicherheit in nahezu allen musikalischen Genres, machte sie schließlich zu einer Ausnahmekünstlerin. Sie war nicht nur Interpretin, sondern auch Komponistin und Arrangeurin ihrer Songs, in denen klassische Musik, Blues, Jazz, Pop, Rock, R&B, Folk, Gospel und Weltmusik wie selbstverständlich miteinander verschmolzen. Im Jahr 1958 landete Nina Simone mit ihrer Version von “I Loves You, Porgy” aus dem Gershwin-Musical “Porgy and Bess” ihren ersten Hit in den US-Charts. Als sie am 21. April 2003 in Frankreich verstarb, hatte sie über 40 Longplayer veröffentlicht.
Einmalige Vielseitigkeit als Erfolgsgeheimnis
Massenerfolg in der Popmusik bedeutet zumeist eine Reduktion auf den kleinsten gemeinsamen Nenner. Vielseitigkeit ist da eher hinderlich. Möglicherweise ist dies Nina Simone gar nicht bewusst gewesen. Denn die als Eunice Waymon am 21. Februar 1933 als Tochter einer Predigerin in Tryon im US-Bundesstaat North Carolina geborene Pianistin und Sängerin hat in ihrer Karriere absolut überzeugende Platten im Soul, Blues, Pop, Folk und Jazz vorgelegt und sich dennoch – oder gerade deswegen – jederzeit als eigenständige Künstlerin präsentiert, denn ihre tiefe Stimme und ihr ausdrucksvoller, intensiver Gesang sowie ihr virtuoses Klavierspiel brauchten keinen bestimmten Stil, um zu überzeugen.
Der Traum von der Bühne
Schon als kleines Kind hatte sie angefangen, Klavier zu spielen und begleitete früh ihre Mutter in der Kirche. Ihre Fähigkeit, Melodien sofort nachzuspielen, machte aus ihr eine Art Wunderkind. Doch da hören die Gemeinsamkeiten mit der Masse der schwarzen Musiker schon auf, denn Eunice sah ihre Zukunft nicht etwa in den schwarzen Clubs, sondern auf der Konzertbühne: Nach einem Studium an der renommierten Julliard Musikschule in New York wollte sie in Philadelphia ihre Ausbildung am Curtis Institute Of Music abschließen, wurde jedoch nicht zugelassen. Dies blieb übrigens zeitlebens für sie eine Kränkung, was ein Ausspruch bei einem ausverkauften Konzert auf ihrer letzten US-Tour 2000 in Philadelphia bewies, als sie sagte: “Wo ist eigentlich das Curtis Institut heute? Ich bin immer noch hier!”
Von der Klavierlehrerin zur Konzertattraktion
So musste sie, um zu überleben, Klavierstunden geben und bewarb sich für den Sommer bei einem Club im Urlaubsort Atlantic City, aber der Clubbesitzer verlangte von ihr, dass sie nicht nur Klavier spielte, sondern auch sang. Das war die Geburtsstunde der Nina Simone, denn nicht nur war sie von da an sowohl Vokalistin als auch Pianistin, sondern anstelle von Eunice Waymon nannte sie sich Nina (kleines Mädchen auf spanisch, ein Kosenamen ihres damaligen Freundes) und Simone nach dem Vornamen der französischen Schauspielerin Simone Signoret. Ihre völlig individuelle Mischung aus Jazz und Popstandards machte sie schnell zu einer Konzertattraktion und brachte ihr bereits 1957 einen Plattenvertrag bei dem Sublabel von King Records (der Heimat von James Brown), Bethlehem, ein, das 1958 ihr Debüt-Album Little Girl Blue vorlegte.
Und sie hatte Glück: ein Discjockey aus Philadelphia namens Sid Marx war so begeistert von dem Song “I Loves You Porgy” aus Porgy & Bess von George Gershwin, dass er ihn pausenlos spielte und so die Firma zwang, den Titel als Single zu veröffentlichen. Das brachte Nina ihren ersten und zugleich größten Hit in den USA ein: Platz 18.
Ihre Karriere wurde jedoch vor allem von herausragenden Alben geprägt, wobei sie von Anfang an eine geradezu unglaubliche Wandlungsfähigkeit bewies: ob Billie Holiday-Songs, Folkmaterial oder Jazz-Klassiker: ihre große Begabung hatte eine enorme musikalische Bandbreite. Besonders Miss Simones Live-Aufnahmen, die sie in den ersten Jahren ihrer Karriere vorlegte, weil diese ihre Intensität und eine ganz besondere Athmosphäre einfingen, waren von großem Erfolg gekrönt.
Hohepriesterin des Soul
Weniger als Songschreiberin, sondern als Interpretin überzeugte Nina Somone, die mit ihrer ausgezeichneten Technik und ihrer herausragenden Fähigkeit Titel von so unterschiedlichen Autoren wie Rodgers/Hammerstein, Duke Ellington, Jimmy Webb, Jacques Brel und Barry & Maurice Gibb zu ihren eigenen zu machen, überzeugte. Das zeigte sich in ihrer vielleicht produktivsten Zeit, als sie sich nicht nur ganz in den Dienst der Bürgerrechtsbewegung stellte, sondern auch für einige Jahre ihre musikalische Heimat im Soul fand. Dies brachte ihr in England sogar den ehrenvollen Namen einer ‘Hohepriesterin des Soul’ ein! Und dies kam nicht von ungefähr: Mit “I Got No-I Got Life” (1968) und “To Love Somebody” (1969) feierte sie auf der Insel zwei Top-Ten Hits, während sie zuhause mit ihren Eigenkomposition “To Be Young, Gifted And Black” und “Goddam Mississippi” sowie “Sunday In Savannah”, große Erfolge hatte. “Sunday In Savannah” hatte sie erstmals in einem Konzert am Abend nach der Ermordung von Martin Luther King gesungen und ihrer Trauer und Wut musikalisch Ausdruck verliehen. Diese bedeutende Liveaufnahme spricht für sich selbst!
Ein Beispiel für Nina Simones großes Talent und ihre Vielseitigkeit zeigt auch das Material, das sie für RCA einspielte: neben Country-Klassikern wie “Mr. Bojangles” und Pophits wie “Here Comes The Sun” oder “Angel Of The Morning” bildeten Blues, Jazz und Soul das Schwergewicht ihres Repertoires. Dank eines Chanel-Werbespots, der “My Baby Just Cares For Me” im Jahre 1987 als Hintergrundmusik für den Spot verwendete, landete Nina Simone 30 Jahre nach der Originalaufnahme einen Welthit.
Dies war übrigens nicht die einzige Quelle, aus der sich eine Renaissance in den letzten zehn Jahren speiste: 1993 kam der Film ‘Point Of No Return’ mit Bridget Fonda in der Hauptrolle mit einem Soundtrack in die Kinos, der hauptsächlich aus Musik von Nina Simone bestand und zudem auch eng an ihre Persönlichkeit angelehnt war.
“Für mich ist sie die größte Künstlerin des 20. Jahrhunderts”
Elton John
“Nina Simone hat den Jazz und die gesamte Kulturlandschaft enorm beeinflusst – sie war einfach unvergleichlich …”
Bonnie Raitt
“Es hat mich immer sehr berührt, mit welcher Leidenschaft Nina Simone ihre Songs interpretierte. Als Komponistin, Pianistin, Sängerin und als Frau, die ihren Standpunkt klar vertritt, war sie eine Inspiration für mich.”
Alicia Keys
Wer wie Nina Simone sämtliche musikalischen Stilarten perfekt vereinigt, benötigt keine Hitparadennotierungen! Die eigenständige Künstlerpersönlichkeit ist, was überzeugt. Dies beweist unter anderem die CD HITS & CLASSICS: mit 21 einmaligen Nina Simone-Songs wird dem Spätwerk der Jazz-Vokalistin ein würdiges Denkmal gesetzt. Ihre virtuose Mischung aus Jazz, Soul, Gospel und Pop wurde ihr Markenzeichen – oft kopiert, aber nie erreicht. Atemberaubende Interpretationen wie “My Baby Just Cares For Me”, “Mr. Bojangles”, “Here Comes The Sun” oder “Ain’t Got No I Got Life” bestätigen dies. Mit ihrem großen (Werbe-) Hit “My Baby Just Cares For Me” der bereits 1957 aufgenommen wurde, eroberte sich die stolze LADY DES SOUL auch den europäischen Popmarkt. Zu hören sind auch die US-Charttitel “To Love Somebody”, “Do What You Gotta Do”, “Sugar In My Bowl”und eine Reihe von Raritäten wie “To Be Young, Gifted And Black” (von ihr selbst mit Weldon Irvine geschrieben) und der am Todestag von Martin Luther King live ergreifend interpretierte Titel “Sunday In Savannah”.
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