Nashville Cats: Dylan, Cash & Company!
Bis Mitte der 1960er-Jahre hatte Nashville als Provinznest gegolten. Dann aber entdeckten Bob Dylan, Johnny Cash und andere Stars die Music City und nahmen hier epochale Alben auf. Die großartige 2CD-Compilation „Dylan, Cash And The Nashville Cats: A Music City“ versammelt 36 klassische Songs verschiedenster Interpreten, die allesamt in Nashville eingespielt wurden.
Text: Ernst Hofacker
Es waren ein paar ganz bestimmte Typen, die in der Südstaaten-Metropole ihr Unwesen trieben und damit – im Wortsinne – aufhorchen ließen: Sie nannten sich The Nashville Cats, und es handelte sich bei ihnen um eine Gruppe von höchst versierten Studiomusikern, die mit Plattenproduktionen ihr Geld verdienten.
Zwar galt die Stadt bis etwa Mitte der 1960er-Jahre als tiefste Pop-Provinz, dennoch hatte sich dort in den rund zwanzig Jahren zuvor eine florierende Musikszene etabliert. Angefangen hatte es in den 1940er-Jahren mit Roy Acuff und dessen Musikverlag Acuff-Rose, der u. a. den großen Hank Williams unter Vertrag genommen hatte. Nach und nach hatte sich die Stadt dann zur „Music City“, zum Zentrum der kommerziellen Country & Western Music, entwickelt und folglich eine stattliche Anzahl von Musikern, darunter die besten ihres jeweiligen Fachs, angezogen.
Dylan und Cash kommen nach Nashville
1965 lernte einer dieser Cracks, der Gitarrist Charlie McCoy, bei einer Session in New York Bob Dylan kennen. Und bald schon reiste Dylan nach Nashville, wo er in den folgenden Jahren mit den dortigen Musikern einige seiner wichtigsten Alben aufnahm. Darunter so bedeutende wie das Doppelalbum „Blonde On Blonde“ und „Nashville Skyline“, das seine Hinwendung zum Country markierte.
Der zweite große Name, der dafür sorgte, dass die „Nashville Cats“ auch überregional bekannt wurden, war der von Johnny Cash. Seit 1969 produzierte der „Man in Black“ seine landesweit ausgestrahlte TV-Show in Tennessee und arbeitete dabei mit den dort ansässigen Musikern. Ganz nebenbei sorgte er als einer der Ersten dafür, dass junge Künstler wie Dylan, Joni Mitchell, Neil Young und Derek & The Dominos (mit Eric Clapton) dort auftraten und die vermeintlich feindlich gesonnenen Lager von Country und Rock auf diese Weise miteinander versöhnt wurden. Spätestens als die Nitty Gritty Dirt Band 1971 in der Music City ihr legendäres Triple-Album „Will The Circle Be Unbroken“ eingespielt hatte, auf dem Veteranen wie der erwähnte Roy Acuff, Mother Maybelle Carter, Earl Scruggs und Doc Watson mitgewirkt hatten, galt Nashville als chic.
36 Songs von The Byrds bis J.J. Cale
Die 2CD-Compilation „Dylan, Cash And The Nashville Cats: A Music City“ dokumentiert jene Aufbruchphase zwischen 1965 und 1975, als die junge Rock- & Singer/Songwriter-Szene Nashville entdeckte und dort zu produzieren begann. Zu hören sind 36 Songs, darunter eine bislang unveröffentlichte Aufnahme von Bob Dylans „If Not For You“, das der Meister gemeinsam mit dem Steelgitarristen Lloyd Green einspielte. Dazu gibt es neben Klassikern wie Johnny Cashs „It Ain’t Me, Babe“, Joan Baez’ „The Night They Drove Old Dixie Down“ und Neil Youngs „Heart Of Gold“ auch einige heute fast vergessene Künstler zu hören wie Jerry Jeff Walker, Steve Young und Steve Goodman, dessen hier vertretenes Original „City Of New Orleans“ Arlo Guthrie 1972 zum Welthit machte.
Sämtliche Aufnahmen wurden von den Nashville Cats eingespielt, das Doppelalbum ist also Verbeugung und Denkmal gleichzeitig für so illustre Session-Men wie Kenny Buttrey, Fred Carter Jr., Charlie Daniels, Pete Drake, Lloyd Green, Ben Keith, Grady Martin, Charlie McCoy, Wayne Moss, Norbert Putnam, Jerry Reid, Hargus „Pig“ Robbins und Buddy Spicher.
Das komplette Tracklisting:
CD 1
Absolutely Sweet Marie – Bob Dylan
Harpoon Man – Charlie McCoy & The Escorts
It Ain’t Me, Babe – Johnny Cash
Down In The Flood – Flatt & Scruggs
The Way I Feel – Gordon Lightfoot
I’ll Be Your Baby Tonight – Bob Dylan
You Ain’t Goin’ Nowhere – The Byrds
Wheel’s On Fire – Ian & Sylvia
Gentle On My Mind – John Hartford
Some Of Shelly’s Blues – The Monkees
Turn Around – The Beau Brummels
I’m So Lonesome I Could Cry – Tracy Nelson
If You Don’t Like Hank Williams (1968 Demo) – Kris Kristofferson
Bird On The Wire – Leonard Cohen
Hickory Wind – The Byrds
Blowing Down That Dusty Road – Country Joe McDonald
The Boxer – Simon & Garfunkel
Stone Fox Chase – Area Code 615
The Byrds Sweetheart Of The Rodeo Radio Ad (Bonus Track)
CD 2
Girl From The North Country – Bob Dylan with Johnny Cash
Driftin’ Way Of Life – Jerry Jeff Walker
Behind That Locked Door – George Harrison
Crazy Mama – J.J. Cale
Beaucoups Of Blues – Ringo Starr
Going To The Country – Steve Miller Band
Heart Of Gold – Neil Young
If Not For You (Previously Unreleased Version) – Bob Dylan with Lloyd Green
City Of New Orleans – Steve Goodman
The Night They Drove Old Dixie Down – Joan Baez
Blue River – Eric Andersen
Seven Bridges Road (1972 Nashville Version) – Steve Young
Will The Circle Be Unbroken – Nitty Gritty Dirt Band
Sally G – Paul McCartney & Wings
Silver Wings – Earl Scruggs with Linda Ronstadt
A Six Pack To Go – Leon Russell (as Hank Wilson)
Matchbox (Live On The Johnny Cash Show) – Derek & The Dominos with Johnny Cash and Carl Perkins