Nov
20
2012

ÄLTESTES FAMILIENSTÜCK ELVIS PRESLEYS IN DÜSSELDORF

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Elvis’ Großmutter Minnie Mae hatte sie von ihrer Großmutter Rosella Elizabeth Presley nach deren Tod am 30. Juli 1924 als Familienerbstücke übernommen und seitdem in Verwahrung. Klar, dass die Bibeln 34 Jahre später bei Minnie Maes erster Reise nach Übersee 1958 mit nach Deutschland genommen wurden.

von Torsten Meck

Ob in Ritter’s Parkhotel in Bad Homburg, oder in Hilberts Parkhotel in Bad Nauheim, dem Hotel Grunewald oder in der Goethestraße 14, immer lag das Alte und das Neue Testament auf Minnie Maes Nachtkonsole. Beide Teile der Heiligen Schrift  waren eine Art Wegbegleiter und Gottes tröstendes Wort darin half ihr, aber auch ihrem Sohn Vernon und ihrem Enkel Elvis über manch’ schwere Zeit hinweg. Es ist kein Zufall, dass nicht nur Vater Vernon seinen Sohn Elvis auf seine militärische Dienstreise nach Deutschland begleitete, sondern auch Großmutter Minnie Mae, die die Mutterstelle ihrer am 14. August 1958 verstorbenen  Schwiegertochter Gladys für Elvis einnahm. Wir können vielleicht nur erahnen, wie Elvis, auf sich allein gestellt und nur 1 ½ Monate nach dem Verlust der innig geliebten Mutter, die 17 Monate bei uns überstanden hätte. Die Anwesenheit von Vater und Großmutter, die hin und wieder die Familienbibeln zur Hand nahmen, um im engsten Kreise darin zu lesen, hat mit Sicherheit den gläubigen Elvis gestützt und seinen Schmerz gelindert.

Das hier abgebildete Alte Testament wurde 1866, zwei Jahre nach Ende des amerikanischen Bürgerkriegs, von der Londoner Druckerei „Eyre & Spottiswoode“ gedruckt und in deren New Yorker Niederlassung am Broadway 626 vertrieben. Auf der vorderen inneren Umschlagseite ist oben Dunnan Pressley als Besitzer beider Bibelteile handschriftlich eingetragen. Es handelt sich um Dunnan jr. der am 1. Juli 1827 geboren wurde und der aus der Ehe hervorging, die um 1820 zwischen Dunnan sen. mit einer gewissen Mary geschlossen wurde.

Als Zeitangabe zum Erwerb der Bibeln lesen wir unten „January in the year eighteen hundred and seventy“ – Auf der hinteren Umschlagseite ist oben in der gleichen kunstvollen Handschrift wie vorn die Widmung zu lesen:

„To my beloved wife Martha Dunnan Pressley Fulton  Miss.” (“Meiner geliebten Ehefrau Martha  D. P. im Dorf Fulton im Staat Mississippi“)

elvis1Dunnan Pressley jun. war in zweiter Ehe mit Martha Jane geb. Wesson seit dem 15. 8. 1861 verheiratet gewesen. 1864 soll Dunnan jr. seine mit Rosalinde schwangere Ehefrau Martha mit der 1862 geborenen Rosella verlassen haben und ab 1868 in Jackson, Tennessee ansässig gewesen sein. Dort heiratete er auch am 2. August des gleichen Jahres die fünfzigjährige Emily Bryson Pope.  Dunnans Wegzug und von ihm verlassen worden zu sein, war für Martha Jane zuvor der Scheidungsgrund gewesen. Im gleichen Jahr, also noch 1868,  soll Martha aber, nachdem sie zuvor William M. Steele geheiratet hatte, im Kindsbett gestorben sein.

Dagegen schreibt Cornelia Lindig in GRACELAND Nr. 206 in ihrer Familiengeschichte „Die Story begann vor 300 Jahren“, dass Dunnan jun. nach seinem Tod am 3. Oktober (andere Quellen nennen den 10. März) 1900 seiner 2. Ehefrau Martha Jane die stattliche Summe von 23 Dollar hinterlassen habe. Nach einer 2. Quelle von Ahnenforscher Lothar Köhler war Martha da aber schon 32 Jahre tot!
Das Erwerbsdatum der Bibeln mit dem Jahr „1870“ und die Widmung „für die geliebte Ehefrau Martha“ (offensichtlich aus dem gleichen Jahr) stehen also nach neusten Forschungsergebnissen im Widerspruch. Der zweite Namenszug „Rosella Presley 1893“ muss eingetragen worden sein, als Rosella 31Jahre alt war und bereits sechsfache Mutter. Dass Rosellas Familienname, den sie zeitlebens nie ablegte, in unseren Bibeln nur noch mit einem „s“ geschrieben wurde, relativiert Cornelia Lindigs Aussage, nach der Minnie Mae verantwortlich für die Änderung der Schreibung war. Offensichtlich aber war es die „Namensbewahrerin“ ihre Schwiegermutter Rosella, Elvis‘ Urgroßmutter.

Bleibt zum Schluss die Frage zu klären, wem denn die elegante Schrift der Eintragungen zu verdanken ist. Mit Cornelia Lindig sind wir uns einig, dass Elvis’ Vorfahren noch im 19. Jahrhundert in der Mehrheit des Schreibens und Lesens nicht kundig, also Analphabeten waren. Dazu gehörten auch Dunnan jr. und seine Tochter Rosella. Es gab aber auch im Dorf Fulton  so genannte Schönschreiber, die gegen eine geringe Gebühr offizielle Schreiben aufsetzen konnten, oder, wie im vorliegenden Fall, für die Besitzer von Dokumenten Eintragungen und Widmungen in die Schriftstücke oder Bücher setzten. Eine einfache Landarbeiterin wie Rosella und ihr eleganter Namenszug in Schönschrift von ihrer Hand stünden in krassem Widerspruch!

Beide Bibeln befinden sich übrigens für ihr Alter von 142 Jahren in einem sehr Banner-Elvis_Museum_contentADordentlichen Gesamtzustand. Die Kanten des Buchrückens sind zwar ein wenig abgestoßen, der Goldschnitt aber ist glatt und sehr gut erhalten. Die Seiten mit den Beschriftungen weisen zwar leichte Wasserflecken auf, was den guten Gesamteindruck aber nicht schmälert. In der hektischen Betriebsamkeit der letzten Tage vor der Rückreise in die USA Ende Februar 1960 hat sich offensichtlich Untervermieterin Anna Maria Pieper die unübersichtliche Situation im Haus Goethestraße zunutze gemacht und einiges aus der Hinterlassenschaft der Presleys „sicher gestellt“. Kontakt zu ihren Erben nach ihrem Tod förderte nicht nur diese Bibeln zutage.