PATTI SMITH: „BANGA“!
Acht Jahre sind vergangen, seit Patti Smith ihre letzte Platte mit eigenen Songs herausbrachte. Am 1. Juni 2012 nun erscheint „Banga“ – nichts weniger als ihr bestes Album seit 20 Jahren.
Text: Ernst Hofacker
„Godmother of Punk“. So oder ähnlich wird sie seit Jahrzehnten etikettiert. Wie wenig derlei Begriffe allerdings ihrem Gegenstand gerecht werden, zeigt nun „Banga“, das erste Patti-Smith-Album mit neuen Songs seit 2004. Von Punk ist da kaum etwas zu spüren, jedenfalls nichts vom manischen Zorn, der Smith Mitte der 1970er Jahre berühmt machte. Die Zeiten von „Gloria“, „Pissin’ In A River“ und „Rock’n’Roll Nigger“ liegen lange zurück. Ebenso das biografische Setting, das Smith den Aufstieg zum Popruhm ermöglichte: Kontakte zur New Yorker Warhol-Schickeria, die Verwurzelung in der umtriebigen CBGB’s-Szene rund um junge Bands wie Blondie, Ramones und Television sowie die enge Freundschaft zum früh verstorbenen Kultfotografen Robert Mapplethorpe (die sie selbst erst kürzlich in der schönen Autobiografie „Just Kids“ würdigte).
Der limitierte Bedeutungsrahmen des Punk war für Smith schon immer zu eng. Von Anfang an offenbarte sich in ihren Arbeiten eine weitaus universellere Rebellion, wobei die Musik nur eine von vielen Ausdrucksmöglichkeiten der bekennenden Dilettantin Smith war. Dieser Dilettantismus, gepaart mit der Attitüde der Rebellin, war es, der ihr das Punk-Image bescherte. Dabei sah sie sich in erster Linie als Poetin, ihre Medien waren und sind bis heute neben der Schallplatte auch Bild, Buch und Film.
Nun also „Banga“, ihr insgesamt elftes Studioalbum. Zwölf Songs, eine Coverversion darunter („After The Goldrush“/Neil Young), fast 60 Minuten von phasenweise religiöser Intensität und Eindringlichkeit. Gefälliges Klangdesign, eine fast kammermusikalisch konzentrierte Performance ihrer langjährigen Band (Tony Shanahan, Jay Dee Daugherty, Lenny Kaye plus Gäste wie Tom Verlaine, und Jack Petrucelli) und vor allem die gelassene Autorität, mit der sich Smith durch die mehrheitlich ruhig angelegten Stücke meditiert, sind die Bausteine, die „Banga“ zu einem ihrer zugänglichsten Alben machen. Die Themen reichen dabei vom eher banalen Geburtstagsständchen für Johnny Depp („Nine“) über eine nachdenkliche Hommage an Amy Winehouse („This Is The Girl“) bis hin zu Annäherungen an philosophische Themen („Amerigo“, „Constantine’s Dream“) und einer Auseinandersetzung mit der Atomkatastrophe in Japan („Fuji-san“).
Dass die Vermarktung des Albums und seiner Schöpferin auch diesmal wieder mit Hilfe von Begriffen wie „Punk-Ikone“ vorgenommen wird, dürfte die Amerikanerin wenig stören. Um die Wirkung von Images weiß sie schließlich nur zu gut. Und wie man sich Gehör verschafft sowieso – gerade wenn man nicht laut werden will.
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