Apr
11
2012

ALTERNATIVE60S VOL. 3: UNITED STATES OF AMERICA

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Die United States Of America, wie sich die Gruppe um Mastermind Joseph Byrd nannte, produzierten nur ein einziges Album. Das aber gehört mit seiner schlüssigen Synthese aus Psychedelia, Avantgarde und Elektronik bis heute zu den einflussreichsten und innovativsten der 1960er Jahre.

Von Ernst Hofacker

Experimente waren nicht nur angesagt, sie waren sogar ausdrücklich gefragt. Zumindest während der 1960er Jahre in den Musikszenen von New York, Los Angeles und San Francisco. Kein Wunder also, dass es den aus Louisville, Kentucky, stammenden Joseph Byrd zur Hochzeit der amerikanischen Hippiekultur in eben jene Zentren der Kreativität zog.

1967 hatte der umtriebige Keyboarder in Los Angeles vier wagemutige und versierte Mitstreiter um sich geschart. An erster Stelle zu nennen: die Sängerin Dorothy Moskowitz, deren unterkühltes Organ zuweilen an Grace Slick von Jefferson Airplane erinnerte und Byrds furiosen Kompositionen ein scharfes Profil verlieh. Außergewöhnlich zudem das restliche Lineup der USOA, denn es kam ohne den zu jener Zeit obligatorischen Gitarristen aus. Neben Byrd und Moskowitz gehörten Craig Woodson (Drums), Rand Forbes (Bass) und der Violinist Gordon Marron zur Band, der überdies mit dem Ring Modulator einen archaischen Vorläufer des späteren Synthesizers bediente.

Die Musik der United States Of America passte in keine Schublade. Zarte, an Jazz und Chanson geschulte Songentwürfe wurden hier durch ein Arsenal von elektronischen Klangerzeugern geschickt und mit Versatzstücken aus Klassik, Soul, Music Hall und Vaudeville kombiniert. Heraus kam dabei eine atemberaubende Collage aus gegensätzlichsten Einflüssen und visionären Soundexperimenten, die sich, als sie 1968 unter dem Titel „The United States Of America“ bei Columbia erschien, als zu verwirrend für ein Mainstream-Publikum erwies. Nichtsdestotrotz aber gilt die freigeistige Schrankenlosigkeit und wegweisende Verwendung elektronischer Klangerzeugung auf dieser Platte bis heute als bahnbrechend.

Die United States Of America waren nach diesemgrandiosen Album bereits Geschichte, usaeinige der Beteiligten indes sollten in späteren Jahren noch Spuren hinterlassen. Zum Beispiel Dorothy Moskowitz, die später wieder in Country Joe McDonalds All Star Band auftauchte, und Produzent David Rubinson, der mit Herbie Hancock, Labelle, den Pointer Sisters und Santana arbeitete. Remix-Engineer Glen Kolotkin wurde zu einem der meistbeschäftigten Männer hinter den Mischpulten der Rockszene, unter anderem verantwortete er die Aufnahmen zu Santanas 1999er-Erfolgsalbum „Supernatural“. USOA-Mastermind Joseph Byrd scheiterte Anfang der 1970er Jahre mit seinem neuen Projekt Joe Byrd and the Field Hippies, brachte noch zwei instrumentale Synthesizer-Album heraus und produzierte 1978 Ry Cooders Album „Jazz“. Danach verschwand er in der Versenkung respektive vom Radar der Musikszene.

spotify_logoMehr interessante Entdeckungen aus den experimentierfreudigen 1960er Jahren warten auf der Playlist „Diggin’ deeper – alternative 60’s“ beiwww.spotify.com. The United States Of America sind dort vertreten mit „Coming Down“ von ihrem hier vorgestellten einzigen Album. Legacy-Club stellt regelmäßig weitere Highlights der „Diggin’ deeper“-Serie vor.