Oct
25
2011

BEN FOLDS BLICKT ZURÜCK

BenFolds

Er ist kein Weltstar – aber einer dieser liebenswerten Einzelgänger, die seit Jahren ihren ureigenen Weg gehen und uns dabei jede Menge wunderbare Songs schenken. Nun blickt der US-Pianist Ben Folds in einer ungewöhnlichen Retrospektive auf sein bisheriges Schaffen zurück – höchste Zeit, ihn endlich zu entdecken! 

Von Ernst Hofacker 

In seiner Musik finden sich Spurenelemente von Elton John, Billy Joel und Joe Jackson, allesamt klavierspielende Songwriter – wie auch Ben Folds. Zu den Einflüssen der Klassiker aber addiert der Amerikaner seit je auch den Spirit und den Energielevel jüngerer Popgenerationen: Teen-Angst, wie sie die Grunge-Bewegung formulierte, genauso wie die introspektive Weltsicht und das musikalische Kosmopolitentum zeitgenössischer Singer/Songwriter vom Schlage eines Rufus Wainwright oder einer Tori Amos.

Bekannt wurde Ben Folds, geboren am 12. September 1966 in Winston-Salem, North Carolina, Mitte der 1990er Jahre als Leader des Power-Pop-Trios Ben Folds Five. Das Interessante an der Band war zunächst mal der Umstand, dass sie auf die ansonsten in der Popmusik allgegenwärtige Gitarre komplett verzichtete – ungewöhnlich genug zu einer Zeit, als der gitarrenlastige Grunge zu Nu Metal mutierte, der für die nächsten Jahre die US- Rockszene beherrschen sollte. Ben Folds Five fanden trotzdem Gehör, und das lag an den brillanten Songs, die ihren Schöpfer unüberhörbar als eines der größten Talente des Jahrzehnts auswiesen. Singles wie „Battle Of Who Could Care Less“, „Underground“ und „Brick“ klangen anders und überzeugten gleichermaßen mit Sinn für glamorösen Pop wie ihre deutliche Erdung in der Attitüde des US-Alternative-Rock.

Bis zum Jahr 2000 lieferten Ben Folds Five drei hochklassige Alben, dann verkündeten sie ihren Split, und Folds begann eine Solo-Karriere. Befreit vom engen Korsett eines Trios, widmete sich Folds im neuen Jahrzehnt verschiedensten Projekten. Neben brillanten Soloalben – primus inter pares: „Rockin’ The Suburbs“ (2001) –  arbeitete er unter anderem mit dem britischen Autor Nick Hornby, dessen Texte er für das Album „Lonely Avenue“ vertonte, kollaborierte mit der US-Folksängerin Regina Spektor und William „Captain Kirk“ Shatner und beteiligte sich an einem Album mit Beatles-Coverversionen („I Am Sam“). Überdies sitzt Folds seit 2009 in der Jury der erfolgreichen US-TV-Show „The Sing Off“, in der A-Capella-Gesangsgruppen gegeneinander antreten.

Nun blickt Ben Folds erstmals zurück. „The Best Imitation Of Myself: A Retrospective“ bietet tatsächlich, wie es ein Promotext formuliert, „den perfekten Einstieg für Newcomer und eine Schatztruhe für Kenner“. CD 1 versammelt 18 von Folds’ besten und bekanntesten Songs, CD 2 bietet 21 Live-Mitschnitte aus der Zeit von 1997 bis 2011, und CD 3 überrascht mit 22 weitgehend bislang ungehörten Tracks, darunter Demos und Studio Outtakes sowie mit „Stumblin’ Home Winter Blues“ und „Tell Me What I Did“ zwei nagelneue, mit der Ben Folds Five eingespielte Songs (ein dritter neuer BFF-Track, „House“, findet sich auf CD 1). Abgerundet wird das Package durch ein 24-seitiges Booklet mit Liner Notes und Song-by-Song-Anmerkungen aus der Feder des Meister selbst. Für kleinere Geldbeutel ist „The Best Imitation Of Myself: A Retrospective“ auch als Einzel-CD erhältlich.

Besonderer Clou: Die 3-CD-Version beinhaltet für jeden Käufer einen individuellen Link zum Download der kompletten 5-Song-EP „Ben Folds ‚55’“.  

 

Ernst-Hofacker_sw2Zum Autor: Ernst Hofacker, Jahrgang 1957, hat als Redakteur unter anderem bei BRAVO, MUSIKEXPRESS und ROLLING STONE gearbeitet. Als Chefredakteur leitete er das Themenmagazin SOUNDS, im Frühling 2010 übernahm er GUITAR DREAMS. Gesprochen hat Hofacker im Laufe der Jahre mit Größen wie Ray Davies und Keith Richards. Dazu hat er diverse Bücher veröffentlicht, darunter das Standardwerk „Confessin’ The Blues – die Musik der Rolling Stones 1963-2010“. Im September erschien sein Buch “Giganten – Die legendären Baumeister der Rockmusik”