MANIC STREET PREACHERS: KRONJUWELEN ZUM ABSCHIED
Nach 21 turbulenten Jahren verabschieden sich die Manic Street Preachers, Bannerträger des aufmüpfigen Britrock, nun in eine längere Pause. Zuvor aber machen sie ihren Fans mit „National Treasures – The Complete Singles“ noch ein besonderes Geschenk.
Von Ernst Hofacker
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Turbulent waren diese zwei Jahrzehnte allemal: Nach mühseligem Aufstieg gelang den Manic Street Preachers im Jahr 1994, drei Jahre nach ihrem Albumdebüt, mit dem zornigen, unter die Haut gehenden Meisterwerk „The Holy Bible“ der nationale Durchbruch. Kaum jedoch war das Album erschienen, ereilte die Band ein Schicksalsschlag, der ihre Laufbahn bis heute überschattet: Am 1. Februar 1995 verloren die Manics mit Richey James Edwards ihren Gitarristen, ihr Sprachrohr, ihre Seele. Bis heute ist dieses Verschwinden nicht geklärt. Zuletzt gesehen wurde Edwards an jenem 1. Februar, dem Vorabend einer geplanten US-Tournee der Band. Morgens um sieben Uhr hatte er das Londoner Embassy Hotel verlassen, danach verliert sich seine Spur. Später fand man in seiner Wohnung in Cardiff diverse persönliche Gegenstände, darunter seinen Pass, Kreditkarten sowie eine Quittung über die Mautgebühr der Severn Bridge, die England und Wales verbindet. Nahe der Brücke wurde denn auch sein Auto gefunden. Edwards litt unter depressiven Schüben und Autoaggression und hatte sich wenige Monate zuvor noch in eine mehrwöchige Therapie begeben. Am 23. November 2008 ließ ihn seine Familie amtlich für „vermutlich tot“ („presumed dead“) erklären.
Die Band wäre an dieser tragischen Geschichte beinahe zerbrochen, Sänger/Gitarrist James Dean Bradfield, Bassist Nicky Wire und Drummer Sean Moore aber rafften sich nach einer Pause auf und machten weiter. Mit den Alben „Everything Must Go“ (1996) und „This Is My Truth Tell Me Yours“ öffneten die Manics ihre bis dahin schroffen, Glam-beeinflussten Rock hin zum Mainstream und landeten prompt Hits wie „A Design For Life“ und „If You Tolerate This Your Children Will Be Next“. Platinauszeichnungen und Brit Awards folgten auf dem Fuße, inzwischen stehen zehn Alben zu Buche. Heute gehören die Manics zu den Institutionen des britischen Rock, wo sie auf eine treue Fanbase bauen können. Außerhalb des Königreichs gelten sie indes nach wie vor als Kultband.
Am 28. Oktober veröffentlichen die Manic Street Preachers mit dem Box-Set „National Treasures – The Complete Singles“ eine Karrierebilanz der besonderen Art. Auf zwei CDs finden sich sämtliche 37 bislang erschienenen Singles, darunter auch „Motown Junk“, mit dem die Band 1990 ihre Karriere startete, sowie mit „This Is The Day“ eine ganz neue Coverversion eines Songs vom 1983er-Album „Soul Mining“ der britischen Band The The. Dazu gibt es eine DVD mit sämtlichen 38 Videos, jeder Menge Live-Mitschnitten, einem 30-minütigen Interview mit der Band und weiterem Bonusmaterial.
Wie Bassist Nicky Wire dem britischen New Musical Express kürzlich ankündigte, werden die Manic Street Preachers sich nun in eine längere Pause verabschieden. Dass dieser Abschied einer für immer wird, steht indes ist nicht zu erwarten. Schließlich veröffentlicht die Band ihre „National Treasures“ unter dem Motto: „No reunions, no comebacks, no encores – still angry!“
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