ELVIS ’56: DIE STUNDE NULL DES POP
Es war der Beginn dessen, was wir heute als Popmusik kennen. 1956 begann Elvis Presleys Karriere bei RCA mit einer einzigartigen Hitserie und epochalen TV-Performances. Jetzt wird diese Phase des King erstmals in einem aufwändigen 5-CD-Box-Set dokumentiert – Elvis total!
von Ernst Hofacker
Zu Beginn dieses historischen Jahres war er noch ein gewöhnlicher Rockabilly-Sänger aus Memphis, Tennessee. 18 Monate nach seiner ersten Session in Sam Phillips’ Sun Studio und einer Reihe von elektrisierenden Aufnahmen wie „That’s All Right“, „Mystery Train“ und „I’m Left, You’re Right, She’s Gone“ aber wusste Elvis, dass ihm sein Mentor Phillips nicht mehr weiterhelfen konnte. Der Wirkungsgrad von Sun Records, einer der in jenen Tagen zahlreichen Indiefirmen, blieb letztlich regional begrenzt. Elvis aber hatte andere Ziele: Er wollte die Nummer eins werden.
Als im Sommer 1955 Colonel Parker auftauchte und das Management des talentierten Jungstars übernahm, kamen die Dinge ins Rollen. Bald war der Deal mit RCA perfekt. Aus heutiger Sicht muten die 40.000 Dollar, für die Sam Phillips seinen Vertrag an den Unterhaltungskonzern verkaufte, zwar wie ein Trinkgeld an, damals aber waren sie exorbitant – nie zuvor hatte ein Major für einen Indie-Star auch nur annährend so viel Geld hingelegt.
Am 10. Januar machte Elvis in Nashville seine ersten Aufnahmen für RCA. Mit „Heartbreak Hotel“ warfen sie gleich einen seiner größten Songs ab, Monsterhits wie „Blue Suede Shoes“, „Hound Dog“, „Don’t Be Cruel“ und „Love Me Tender“ sollten folgen. Der damalige A&R-Chef der Firma, Steve Sholes, dürfte angesichts der scheinbar wenig professionellen und für damalige Gepflogenheiten höchst ungewöhnlichen Arbeitsweise seines neuen Schützlings – Presley konnte weder Noten lesen noch ließ er genaue Arrangements ausarbeiten, stattdessen improvisierte er mit seiner Band im Studio – zunächst die Stirn gerunzelt haben. Der unfassbare Erfolg von Presleys Platten jedoch wischte alle Zweifel beiseite.
Aber es war eben nicht nur die Musik. Es war auch dieser Sänger. Bei diversen Fernsehsendungen, unter anderem in den Shows von Milton Berne, Ed Sullivan sowie der von Jimmy und Tommy Dorsey, trat er im Laufe des Jahres 1956 auf. Mit kolossalen Folgen: Die Älteren waren von seinen extrovertierten Performances geschockt, das prüde Amerika stand auf den Barrikaden. Die Jüngeren indes hatte Elvis in kürzester Zeit wie ein Rattenfänger hinter sich versammelt. In Nullkommanichts stieg er auf zum ersten globalen Popstar, am Ende des Jahres war er nichts weniger als die bekannteste, populärste und auch umstrittenste Gestalt des internationalen Showbusiness.