Aug
24
2011

JERRY LEIBER UND NICHOLAS ASHFORD GESTORBEN

Jerry

Mit Jerry Leiber und Nickolas Ashford sind in dieser Woche gleich zwei legendäre Songwriter gestorben, die Popgeschichte geschrieben haben.

Von Ernst Hofacker

Wer das Kleingedruckte auf den 45er-Platten las – und das waren in Zeiten des Vinyls nicht wenige –, der kannte seinen Namen: Jerry Leiber stand gemeinsam mit seinem Partner Mike Stoller unter den Songtiteln, mit denen der junge Elvis Presley die Welt eroberte. „Hound Dog“ zum Beispiel und „Jailhouse Rock“. Wobei der King nicht der einzige Kunde der beiden war, in deren Hitschmiede bediente sich im Grunde alles, was in der Rhythm’n’Blues-Szene der 1950er Jahre Rang und Namen hatte: The Coasters, The Drifters, auch Big Mama Thornton, die stimmgewaltige schwarze Sängerin aus Alabama, für die „Hound Dog“ ursprünglich geschrieben wurde und die es bereits 1953 zum Monsterhit in den R’n’B-Charts gemacht hatte.

Jerry Leiber, geboren am 25. April 1933 in Baltimore, Maryland, verliebte sich schon als halbwüchsiger weißer Junge in die schwarze Musikkultur seiner Heimatstadt. Als er 1950 nach Los Angeles kam, traf er dort auf den Pianisten Mike Stoller. Die beiden taten sich zusammen, schrieben erste Songs, darunter den Klassiker „Kansas City“, und fanden schon bald Abnehmer. Für erste Erfolge sorgten neben Thornton die Platzhirsche der dortigen Szene wie Jimmy Witherspoon und Charles Brown. Spätestens als Leiber/Stoller bei Atlantic Records als Hauskomponisten anheuerten, gehörten die Songwriter zur handverlesenen Elite des jungen US-Pop. Nicht zuletzt auch, weil sie höchst erfolgreich als freie Produzenten arbeiteten. Zu den späteren Leiber/Stoller-Hits zählten Songs wie „On Broadway“ (The Drifters), „Yakety Yak“ (The Coasters) und „Stand By Me“, das durch Ben E. King berühmt wurde. Ebenfalls Ben E. King war es, der „Spanish Harlem“ zum Welthit machte, das allerdings hatte Leiber zusammen mit Phil Spector geschrieben. Am Montag, dem 22. August, ist Jerry Leiber in Los Angeles 78-jährig an Herzversagen gestorben.

Nicht wesentlich jünger war Nickolas Ashford, der, ebenfalls am Montag, in New York den Folgen einer Kehlkopfkrebserkrankung erlag. Ashford, geboren am 4. Mai 1942 in Fairfield, South Carolina, wurde jedoch erst 1984 einem breiten Publikum bekannt, als er gemeinsam mit seiner Ehefrau Valerie Simpson den Welthit „Solid“ sang. Dabei hatte auch Ashford schon in den 1960ern seine Karriere begonnen. Simpson und Ashford hatten sich bereits 1964 kennengelernt und begonnen, gemeinsam Songs zu schreiben. Ihre Adressaten waren die Größen der damaligen Soulsszene, Ray Charles verschaffte dem farbigen Songwriter-Duo den Durchbruch mit seiner Interpretation von „Let’s Go Get Stoned“. Es folgten jede Menge Hits für Marvin Gaye und Tammi Terrell, darunter „Ain’t Nothing Like The Real Thing“ und „Ain’t No Mountain High Enough“, das später noch einmal von Diana Ross aufgenommen wurde. In den 1970ern schneiderten Ashford/Simpson der Sängerin Chaka Khan ihren Welterfolg „I’m Every Woman“ auf den Leib, die junge Whitney Houston coverte den Song 1992 für den Soundtrack von „The Bodyguard“.

Bereits am 11. August verstarb mit Jani Lane (47), Leadsänger der in den 1980er Jahren erfolgreichen US-Glam-Metaller Warrant, ein weiterer prominenter Musiker. Deren größte Hits sind auf dem Album „The Best Of Warrant“ zusammengefasst.

 

Ernst-Hofacker_sw2Zum Autor: Ernst Hofacker, Jahrgang 1957, hat als Redakteur unter anderem bei BRAVO, MUSIKEXPRESS und ROLLING STONE gearbeitet. Als Chefredakteur leitete er das Themenmagazin SOUNDS, im Frühling 2010 übernahm er GUITAR DREAMS. Gesprochen hat Hofacker im Laufe der Jahre mit Größen wie Ray Davies und Keith Richards. Dazu hat er diverse Bücher veröffentlicht, darunter das Standardwerk „Confessin’ The Blues – die Musik der Rolling Stones 1963-2010“. Im Frühjahr erscheint „Legenden – 25 Rockmusiker im Porträt“.