Feb
7
2011

ZUM TOD VON GARY MOORE

Völlig überraschend verstarb der irische Rockgitarrist Gary Moore in den frühen Morgenstunden des 6. Februar 2011 im spanischen Ferienort Estepona. Er wurde 58 Jahre alt.  

von Ernst Hofacker

Geboren wurde Gary Moore am 4. April 1952 im irischen Belfast, womit er zu jung war, um in der Gründergeneration des britischen Bluesrock mitzumischen. Aber er nahm mit, was möglich war, darunter die berühmte 1959er Gibson Les Paul Standard, die ihm sein Idol Peter Green, damals gerade bei Fleetwood Mac ausgestiegen, 1970 für ein Taschengeld verkaufte. Und Gary Moore machte was draus.
Gemeinsam mit seinem Jugendfreund Phil Lynott spielte er bei Thin Lizzy, die es im Laufe der siebziger Jahre zu einer der erfolgreichsten britischen Hardrock-Bands brachten. Immer wieder aber trieb es Moore zu neuen Projekten, weshalb er Thin Lizzy regelmäßig den Rücken kehrte. 1975 spielte er mit Jon Hiseman bei Colosseum II, später arbeitete er u. a. mit Kollegen wie Andrew Lloyd Webber, Rod Argent und Greg Lake. Ende der siebziger Jahre begann er – nach einem ersten Versuch 1973 – ernsthaft an seiner Solokarriere zu basteln, prompt brachte Back On The Streets (1979) mit „Parisienne Walkways“ seinen Debüt-Hit. Im Lauf der achtziger Jahre folgten regelmäßig weitere Soloalben im Hardrock-Genre, die auffälligste Veröffentlichung war das mit keltischen Einflüssen experimentierende Wild Frontier (1987).

1990 überraschte Moore mit einem Kurswechsel, als er sich mit Still Got The Blues auf seine Blueswurzeln besann. Das zeitgemäß und süffig produzierte Album, auf dessen Cover auch Peter Greens Gibson-Gitarre verewigt ist, brachte ihm den größten Erfolg seiner Karriere. Hauptverantwortlich dafür war der Titeltrack mit seinem einprägsamen Gitarrenthema. Die Nummer mauserte sich zum Singlehit und zog fast 20 Jahre später eine von einem deutschen Musiker angestrengte Plagiatsklage nach sich. In erster Instanz wurde gegen Moore entschieden, eine endgültige Entscheidung des Falles aber steht noch aus. Moore experimentierte in den neunziger Jahren mit verschiedenen Genres wie HipHop und Techno, konnte an alte Erfolge aber nicht mehr anknüpfen. Trotzdem veröffentlichte er weiter regelmäßig Alben und tourte unentwegt.

In Europa galt Moore als einer der ganz großen Instrumentalisten, in Amerika jedoch konnte er nie wirklich Fuß fassen. Was wohl an seinem eigenwilligen, oft sprunghaften künstlerischen Kurs gelegen haben dürfte, der mit den Gepflogenheiten eines Mainstream-Marktes kaum kompatibel war. Im Jahr 2006 verkaufte Moore die berühmte Green-Gitarre an einen Privatsammler in den USA, der Erlös betrug unbestätigten Angaben zufolge 1,2 Millionen Dollar.

Am gestrigen Sonntag, dem 6. Februar, wurde Gary Moore tot in seinem Zimmer des Kempinski Hotels im spanischen Ferienort Estepona aufgefunden. Nach Angaben des Thin-Lizzy-Managers Adam Parsons verstarb er in den frühen Morgenstunden. Die Todesursache ist bislang ungeklärt.

Ernst-Hofacker_sw2Zum Autor: Ernst Hofacker, Jahrgang 1957, hat als Redakteur unter anderem bei BRAVO, MUSIKEXPRESS und ROLLING STONE gearbeitet. Als Chefredakteur leitete er das Themenmagazin SOUNDS, im Frühling 2010 übernahm er GUITAR DREAMS. Gesprochen hat Hofacker im Laufe der Jahre mit Größen wie Ray Davies und Keith Richards. Dazu hat er diverse Bücher veröffentlicht, darunter das Standardwerk „Confessin’ The Blues – die Musik der Rolling Stones 1963-2010“. Im Frühjahr erscheint „Legenden – 25 Rockmusiker im Porträt“.