Feb
2
2011

THE DAY THE MUSIC DIED

Es geschah vor 52 Jahren: Am 3. Februar 1959 stürzte in Clear Lake, Iowa, ein Privatflugzeug ab. An Bord befanden sich drei der seinerzeit erfolgreichsten amerikanischen Musiker: Buddy Holly, Ritchie Valens and J. P. „The Big Bopper“ Richardson. Sie alle starben. 

von Ernst Hofacker 

Jahre später sollte der amerikanische Songwriter Don McLean diesem tragischen Tag seinen Namen geben: Im Song „American Pie“ sang er von „the day the music died“. Vor allem der 23-jährige Buddy Holly galt als Hoffnungsträger des Rock’n’Roll, der zu jenem Zeitpunkt seinen Zenit überschritten zu haben schien. Elvis diente brav bei der Army, Jerry Lee Lewis war geächtet und Little Richard fromm geworden – der wilde Spuk der Jahre zuvor schien vorbei.

Lediglich Buddy Holly, bekannt geworden mit Hits wie „Peggy Sue“ und „That’ll Be The Day“, rockte aufrecht weiter und schuf mit seinen Crickets so etwas wie die Blaupause für die Beatles und alles, was ihnen folgte. Richie Valens war ein Mexicano aus Los Angeles, der gerade mit „Donna“/„La Bamba“ den landesweiten Durchbruch in den Charts geschafft hatte. The Big Bopper, eigentlich in erster Linie Discjockey, hatte ebenfalls einen Überraschungstreffer gelandet, sein Hit: „Chantilly Lace“.

Im tiefsten Winter 1959 waren alle drei in einer der damals üblichen Package-Tours unterwegs im Mittleren Westen. Eine von diesen Tourneen, deren Organisation einen noch heute schaudern lässt. Innerhalb von drei Wochen klapperte diese „Winter Dance Party“ sage und schreibe 24 Städte ab, wobei zum Teil erhebliche Entfernungen überwunden werden mussten. Nicht etwa per Flugzeug, sondern im Tourbus. Eine Tortur für die Musiker, allein schon, weil in jenem Bus gleich zu Beginn der Tournee die Heizung den Geist aufgegeben hatte. So kamen die Passagiere regelmäßig mit Frostbeulen und klappernden Zähnen am Spielort an. Buddy Hollys Drummer Carl Bunch musste sogar einmal mit Erfrierungen an den Füßen ins Krankenhaus.

Surf Ballroom, Clear Lake, Iowa, 1. Februar: Es ist Sonntag Abend. Um mit den im Moment erfolgreichen Stars möglichst viel Dollars zu verdienen, haben die Tourpromoter für den nächsten, eigentlich freien Tag noch schnell eine weitere Station eingeschoben. Also müssen sich die Musiker spät abends nach dem Konzert auf den Weg machen nach Moorhead, Minnesota, gute 600 Kilometer weiter nördlich. Holly, der wie alle anderen die Nase vom Dauerfrost im Tourbus voll hat, beschließt auf eigene Kosten vor Ort eine Privatmaschine zu chartern. Er kommt mit dem 21-jährigen Roger Peterson ins Geschäft. Der steckt zwar noch in der Piloten-Ausbildung, erklärt sich aber bereit, die Musiker für 36 Dollar pro Nase mit einer viersitzigen Beechcraft Bonanza nach Moorhead zu fliegen.

Ursprünglich sollte Holly mit seiner Band im Flugzeug sitzen. Gitarrist Tommy Allsup aber überließ seinen Platz Ritchie Valens, der noch nie mit einer kleinen Maschine geflogen war. Und Bassist Waylon Jennings, der später als Country-Outlaw selbst zur Legende wurde, verzichtete auf den Flug zugunsten von The Big Bopper, der mit einer schlimmen Erkältung kämpfte. Als Holly hörte, dass Jennings nicht mitfliegen würde, scherzte er: „Ich hoffe, Dein verdammter Bus friert ein!“ Worauf Jennings konterte: „Und ich hoffe, Deine verdammte Maschine stürzt ab!“ Eine Bemerkung, die ihm für den Rest seiner Tage zu schaffen machen sollte.

Um kurz vor Mitternacht hob die Beechcraft mit Holly, Valens, The Big Bopper und Pilot Peterson an Bord ab. Schon kurz darauf brach der Funkkontakt ab. Am nächsten Morgen wurde das Wrack nur acht Kilometer vom Flugplatz entfernt gefunden. Alle Passagiere, so der Untersuchungsbericht, müssen auf der Stelle tot gewesen sein. Unglücksursache war offenbar ein Fehler des unerfahrenen Piloten, der im Schneetreiben die Orientierung verloren hatte.

Heute erinnern an der Absturzstelle ein kleines Denkmal und vier Bäume – einer für jedes Opfer – an den Tag, als die Musik starb.

Ernst-Hofacker_sw2Zum Autor: Ernst Hofacker, Jahrgang 1957, hat als Redakteur unter anderem bei BRAVO, MUSIKEXPRESS und ROLLING STONE gearbeitet. Als Chefredakteur leitete er das Themenmagazin SOUNDS, im Frühling 2010 übernahm er GUITAR DREAMS. Gesprochen hat Hofacker im Laufe der Jahre mit Größen wie Ray Davies und Keith Richards. Dazu hat er diverse Bücher veröffentlicht, darunter das Standardwerk „Confessin’ The Blues – die Musik der Rolling Stones 1963-2010“. Im Frühjahr erscheint „Legenden – 25 Rockmusiker im Porträt“.