Jan
3
2011

ELECTRIC LIGHT ORCHESTRA: 3-CD-Boxset „Flashback“

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Mit „Flashback“ gibt es die Neuauflage eines 3-CD-Boxsets, das die glorreiche Geschichte einer der unterbewertesten Popbands aller Zeiten erzählt – des Electric Light Orchestra.

Text: Ernst Hofacker

„Wir wollen dort weitermachen, wo ‚I Am The Walrus’ aufgehört hat!“ So ließen E.L.O. die Presse zum Karrierestart vor nunmehr 40 Jahren wissen und bemühten gleich die Beatles als Maßstab, an dem sie sich messen lassen wollten. Vielleicht lag’s ja daran, dass das Electric Light Orchestra das Maul immer ein bisschen voll genommen hat, dafür dann aber in den Charts deutlich zu erfolgreich war, als dass die Feuilletons es wirklich ernst genommen hätten. Bis heute jedenfalls haftet dem E.L.O. der Vorwurf musikalischer Schaumschlägerei an. Höchste Zeit also, die Gruppe um Jeff Lynne und ihr Werk zu rehabilitieren.

Hervorgegangen aus der legendären Birmingham-Truppe The Move („Flowers In The Rain“, „Brontosaurus“), hatten sich Jeff Lynne und Roy Wood zunächst auf die Fahnen geschrieben, progressiven Rock, wie man das damals nannte, mit Elementen der klassischen Musik zu verschmelzen. Bald schon hatte sich Wood abgesetzt und mit Wizzard ein eigenes Projekt gestartet, Lynne aber tüftelte weiter an seinem Rezept. 1972 fiel mit der „10853 Ouverture“ der erste kleine Hit ab. 1973 folgte die aufsehenerregende Neuversion von Chuck Berrys „Roll Over Beethoven“, dem die Band ein paar Skizzen aus Ludwig van Beethovens Fünfter Sinfonie beigegeben hatte – erster Erfolg auch in Germany.

Danach begann die große Zeit des E.L.O. – eine makellose Serie etablierte die Band um Jeff Lynne und Schlagzeuger Bev Bevan als zuverlässige Lieferanten fürs Top-40-Radio: „Can’t Get It Out Of My Head“, „Evil Woman“, „Strange Magic“, „Telephone Line“, „Living Thing“, „Sweet Talkin’ Woman“ und und und. Bis zu Beginn der achtziger Jahre war das E.L.O. aus den Charts nicht wegzudenken.

Was vor allem darelo_electric-light-orchestra_Jeff_Lynnean lag, dass Lynne das musikalische Konzept spätestens mit dem vierten Album, „Eldorado“, deutlich vereinfacht beziehungweise modifiziert hatte. Statt mit ungewöhnlichen Klängen zu experimentieren, konzentrierte er sich nun darauf, kompakte Songs mit eingängigen Hooks zu schreiben und die in gelegentlich pompöse, immer aber gut verdauliche Streicher-Arrangements zu packen.

Ein Kunstgriff, der sich umgehend auszahlte – und die Kritik auf den Plan rief, die prompt über Ausverkauf schimpfte. Zu Unrecht: Auch wenn die ersten E.L.O.-Alben noch deutlich experimenteller angelegt waren, spätere Werke wie besagtes „Eldorado“, „Face The Music“, „A New World Record“ und „Out Of The Blue“ waren dennoch alles andere als leichte Kost. Mit dem Unterschied allerdings, dass Lynne die inzwischen fortgeschrittene Studiotechnik ebenso souverän zu nutzen gelernt hatte wie seine Kompositionen durchdachter und effizienter ausfielen. Dem Progrock der siebziger Jahre gaben sie noch immer wichtige Impulse, und weder der ruppig lärmende Punk noch die alles überrollende Discowelle konnten den beatlesken E.L.O.-Wohlklang aus den Charts verdrängen.

All dies und noch einiges mehr gibt es nun zum Schnäppchenpreis auf „Flashback“ zu entdecken: 3 CDs mit mehr als drei Stunden Musik, 53 wichtigen Songs von 1970 bis 1986. darunter sämtlichen Hits, einigen Alternativtakes sowie bislang unveröffentlichten Stücken. Und einiges klingt durchaus so, wie man sich die Beatles eine Dekade nach „I Am The Walrus“ vorgestellt hätte. Was könnte daran schlecht sein?