May
18
2014

Roy Orbison: Das bewegte Leben des Rockabilly-Tenors

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Zwischen künstlerischem Glück und privater Katastrophe: Das Leben und die Hits eines der großen Originale der frühen Rock-Ära bleiben unvergessen. Als Roy Orbison am 6. Dezember 1988 mit gerade einmal 52 Jahren einem Herzinfarkt erlag, schloss sich ein dunkler Kreis.

von Ernst Hofacker

Er begann gleich bei der besten Adresse: 1956 heuerte der gerade 20-jährige Roy Orbison bei Sam Phillips’ legendärem Rockabilly-Label Sun Records an – und bereits mit seiner Einstandssingle „Ooby Dooby“ (1957) landete er einen chartsträchtigen Achtungserfolg. So erfreulich der Start ausgefallen war, so frustrierend verliefen die nächsten Jahre. Phillips wusste mit dem speziellen Talent seines Schützlings nichts Rechtes anzufangen, und so geriet der junge Sänger beim Sun-Label ins Abseits.

Hitserie seit „Only The Lonely“

Erst als Orbison Ende des Jahrzehnts bei der kleinen Firma Monument Records unterkam, platzte der Knoten. Seine neuen Songs waren gezielt für seine außergewöhnliche Tenorstimme geschrieben worden und wurden von Produzent Fred Foster angemessen melodramatisch inszeniert. Mit „Only The Lonely“ begann Orbison denn auch 1960 eine Hitserie, die Klassiker wie „Running Scared“, „Blue Bayou“, „In Dreams“ und „Crying“ hervorbrachte und mit „Oh, Pretty Woman“, der ersten Nummer eins des Mannes mit der schwarzen Sonnenbrille, ihren Höhepunkt erreichte.

Bald darauf aber musste der gebürtige Texaner zwei schlimme Schicksalsschläge hinnehmen: Am 6. Juni 1966 kam seine Frau Claudette bei einem Motorradunfall ums Leben. Für sie hatte er den gleichnamigen Song geschrieben, den die Everly Brothers zum Hit machten. Zwei Jahre später, im September 1968, befand sich Orbison gerade in England auf Tournee, als er die Nachricht erhielt, dass sein Haus in Hendersonville, Texas, niedergebrannt war und seine beiden ältesten Söhne dabei ums Leben gekommen waren.

Sensationserfolg mit den Traveling Wilburys

In den folgenden Jahren blieb es ruhig um den Sänger- Erst in den 1980ern machte er wieder von sich reden, als er für „That Lovin’ You Feeling Again“, ein Duett mit Emmylou Harris, den ersten Grammy seiner Laufbahn erhielt. 1986 verwendete der junge Regisseur David Lynch Orbisons Song „In Dreams“ für seinen Film „Blue Velvet“ (mit Isabella Rosselini, Dennis Hopper u. a.), und prompt begann eine nachgewachsene Generation von Pop-Hörern den Sänger neu zu entdecken. Ein Jahr später schon fand sich Orbison im Allstar-Projekt Traveling Wilburys wieder, wo er mit Bob Dylan, Tom Petty, Jeff Lynne und Ex-Beatle George Harrison musizierte. Die  Veteranentruppe landete mit ihrem Debütalbum und der Single „Handle With Care“ 1988 einen Sensationserfolg.

Orbison stand da bereits schon wieder im Studio. Mit verschiedenen Mitgliedern von Tom Pettys Begleitband The Heartbreakers und unter der Produzentenregie von Jeff Lynne spielte er nun sein Comeback-Album „Mystery Girl“ ein. Die Veröffentlichung erlebte er allerdings nicht mehr – Roy Orbison starb am Nachmittag des 6. Dezember 1988 daheim im texanischen Hendersonville an den Folgen eines Herzinfarktes, kurz nachdem er mit seinen Söhnen aus zweiter Ehe Modellflugzeuge hatte steigen lassen.

„Mystery Girl“ als Deluxe-Set

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Am 16. Mai nun erscheint „Mystery Girl“ zum 25-jährigen Jubiläum der Erstveröffentlichung als CD/DVD Deluxe-Set neu. Neben dem um fünf Bonustracks erweiterten Originalalbum bietet das Package eine Making-of-Doku plus acht Videoclips. Der einstündige Film mit dem Titel „Mystery Girl – Unraveled“ erzählt anhand von Zeitzeugen-Interviews und bislang unveröffentlichtem Filmmaterial aus Orbisons Privatarchiv die Entstehungsgeschichte der einzelnen Albumtracks. Dazu wird „Mystery Girl“ auch als Expanded-CD und als 19 Tracks umfassende Doppel-Vinyl-LP erhältlich sein.

Zum Legacy-Beitrag Roy Orbisons 25. Todestag