GEORGE MICHAEL: „FAITH“ RELOADED
Als George Michael 1987 mit „Faith“ seine Solokarriere startete, tat er dies mit einem künstlerischen Triumph und nicht weniger als sechs Welthits. Jetzt erscheint das Album als remasterte CD/DVD Special Edition sowie als Limited Edition Deluxe Box Set.
von Ernst Hofacker
Einmal Teenie-Star, immer Teenie-Star – oder? Die wenigsten Helden der Pickel-Posterszene haben sich in späteren Jahren von diesem Image befreien können. Keiner aber hat es je mit einem solchen Paukenschlag geschafft wie Georgios Kyriacos Panayiotou. Von 1981 bis 1986 hatte George Michael, wie er sich nennt, gemeinsam mit Andrew Ridgeley im Duo Wham! abgeräumt und reihenweise Hits wie „Wake Me Up Before You Go-Go“, „Freedom“ und „Last Christmas“ gelandet. Der griechischstämmige Londoner aber hatte mehr zu bieten. Als er 1986 endlich den Absprung geschafft hatte und eine Solokarriere in Angriff nahm, purzelten die Songs regelrecht aus ihm heraus. Wobei nichts weniger als ein Geniestreich entstand, zögerlich musste das auch die Kritik anerkennen, die den Wham!-Beau zunächst nicht so recht ernst nehmen wollte.
„Faith“ bot eine überraschend homogene Mischung aus zeitgemäßem Pop, klassischem Soul und 70s-Funk. In den Songs fanden sich Spuren des damals allgegenwärtigen Prince genauso wie Anklänge an Stevie Wonder, Bo Diddley und Pop-Großmeister Elton John. Und doch war jeder Ton George Michael pur. Ein erwachsener George Michael, wohlgemerkt, dessen Themen – ob im kontroversen „I Want Your Sex“ oder in den ruhigeren Momenten von „Father Figure“ und „Kissing A Fool“ – reifer, persönlicher und reflektierter angelegt waren als alles, was Wham! zuvor gemacht hatten.
Ebenso wichtig für den immensen Erfolg des Albums: das Image. Dreitagebart, Lederjacke, Jeans, halbakustische Gitarre – es war das perfekte Bild des 80s-Popstars. Das ikonographische Artwork von „Faith“ fand seine Fortsetzung in den clever inszenierten Videoclips der Singles, die zu den stilbildenden dieser Epoche gehören.
Entsprechend die Bilanz von „Faith“: Sechs (!) Songs des Albums landeten unter den Top 3 der US-Charts, „Monkey“, „Faith“, „One More Try“ und „Father Figure“ schafften es gar auf die 1. Das Album kletterte sofort nach seiner Veröffentlichung in den USA und in England auf Platz 1, in den USA nicht nur in den Pop- sondern auch in den R’n’B-Charts – ein Kunststück, das zuvor noch keinem weißen Künstler gelungen war. 1989 gewann „Faith“ den Grammy als „best album of the year“, über 20 Millionen Exemplare wurden bis heute verkauft. Mehr als eine Million davon in den USA allein in der ersten Woche – kein britischer Künstler hat das vor oder nach George Michael geschafft.
Ein Triumph, an dem Michael schwer trug. Der Nachfolger „Listen Without Prejudice – Vol. 1“, der Titel eine Anspielung auf die Kritik, die ihn noch immer auf das Teen-Fach festlegen wollte, blieb hinter den Erwartungen zurück. Er zerstritt sich mit der Plattenfirma, ließ jahrelang nichts Neues hören und machte Schlagzeilen vor allem in der Klatschpresse. 2006/2007 schaffte er mit der Karriere-Zwischenbilanz „Twenty-Five“ im Gepäck ein überraschendes Bühnen-Comeback. „Faith“ indes bleibt eines der wenigen echten Meisterwerke des 80s-Pop.