Leonard Cohen: der größte Song-Poet des 20. Jahrhunderts – aber warum?
Er ist der neben Bob Dylan bedeutendste Dichter der Pop- und Rock-Ära: Kaum ein Songwriter legt so viel Sorgfalt und Substanz in seine Lyrics wie Leonard Cohen. Das Ergebnis ist meisterhafte Poesie, zu finden in Songklassikern wie „Suzanne“, „First We Take Manhattan“ und „Hallelujah“. Kein Wunder, der Kanadier wurde für seine Lyrik schon mit Preisen ausgezeichnet, lange bevor er seine erste Schallplatte besang.
Text: Ernst Hofacker
Welche unglaubliche Mühe sich Leonard Cohen mit den Texten für seine Songs gibt, ahnt man, wenn man in Sylvie Simmons’ großartiger Biografie „I’m Your Man“ (btb, 2012) liest: Allein für das berühmte „Hallelujah“ soll der kanadische Song-Poet jede Menge Notizbücher mit Ideen und Zeilen vollgekritzelt haben, bevor er aus dem Material 80 (!) Strophen destillierte, von denen er für den eigentlichen Song allerdings nur sieben verwendete.
Zeilen, die man nicht mehr vergisst
Nicht jeder Song jedoch dürfte derlei Aufwand mit sich gebracht haben, sonst wohl wäre bis heute kaum die Hälfte von Cohens Euvre geschrieben. Dennoch belegt das Beispiel die ungeheure Akribie, die der Songwriter in die Worte und in die Gedanken seiner Lyrik investiert. Lohn der Mühe sind Zeilen, die wie leicht dahin gesagt wirken und doch ungeahnte Tiefe bergen.
Cohens Texte präsentieren nicht nur sorgfältig konstruierte Sprachbilder, sie offenbaren bei näherer Betrachtung auch seine ganz eigene, gleichermaßen lakonische wie romantische Weltsicht. Vor allem aber bringen sie uns zum Nachdenken.
Dass der Kanadier so großen Wert auf anspruchsvolle Songtexte legt, erklärt sich schon allein aus seiner Biografie: Seine erste Platte brachte der Sohn eines jüdischen Textilkaufmanns aus Montreal im Jahr 1967 heraus. Da war Cohen bereits 33 Jahre alt, hatte diverse Literaturpreise gewonnen und war in seiner kanadischen Heimat als einer der vielversprechendsten Romanciers und Lyriker anerkannt. Schon 1956 hatte er als Student seinen ersten Gedicht¬band herausgebracht, ein Jahrzehnt später waren es bereits zwei Romane und mehrere Lyrikbände.
Cohen war musikalischer Spätzünder
Zwar hatte Cohen schon zu Beginn der 1950er-Jahre das Gitarrenspiel erlernt, bis Mitte des folgenden Jahrzehnts aber hatte er sich allenfalls nebenbei mit Musik beschäftigt. Als er dann 1967 sein Debütalbum „Songs Of Leonard Cohen“ in Angriff nahm, war er als inzwischen 33-jähriger Berufs-Poet, der überdies schon reichlich herumgekommen war und unter anderem auf Kuba sowie der griechichen Insel Hydra gelebt hatte, den Legionen junger Beat- und Rock-Songwritern jener Jahre in Sachen Songtexte weit voraus. Wo andere sich noch in simpler Herz-Schmerz-Lyrik ergingen oder ungelenke Drogenphantasien drechselten, war Cohen längst ein Gigant des Wortes, der sich nicht scheute, in seinen Texten auch die ganz großen Themen wie Leben, Leid, Glaube und Erlösung zu verhandeln – mal melancholisch, mal mit leisem Spott.
Die große Kunst des Leonard Cohen lässt sich auf ganz besondere Weise nachempfinden: Auf seinem Livealbum „Can’t Forget: A Souvenir Of The Grand Tour“ gewährt der Kanadier exklusive Einblicke. Denn neben raren Repertoireperlen erlebt man hier einzigartige Aufnahmen, die bei den Soundchecks vor seinen Shows entstanden sind.
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