Sep
13
2018

Jean-Michel Jarre: 50 Jahre Sound-Magie!

Jean-Michel Jarre

Jean-Michel Jarre. Soundforscher. Klangabenteurer. Tonmagier. Innovator. Visionär. Live-Performer… Seit 50 Jahren begeistert der Franzose seine Zuhörer mit seiner einzigartigen Musik und spektakulärsten Auftritten an besonderen Orten in aller Welt. “JMJ” gilt als einer der großen Wegbereiter des Elektro-Pop. Jetzt legt er mit PLANET JARRE und 41 Stücken eine umfassende wie beeindruckende Werkschau vor.

Text: Alex Gernandt

Er gehört zu den Begründern der elektronischen Popmusik. Seit nunmehr fünf Jahrzehnten sorgt Jean-Michel Jarre bei Fans und Musikerkollegen gleichermaßen für Faszination und Inspiration! Heutige Elektro-Topacts wie Daft Punk, Yello, Air, Justice oder Moby – ohne Jean-Michel Jarre und sein Wirken wären sie nicht vorstellbar!

Bereits Ende der 60er, Anfang der 70er Jahre begann das 1948 in Lyon geborene Wunderkind (sein Vater war der berühmte Filmkomponist Maurice Jarre!), mit verschiedenen Geräten zu experimentieren und neue, nie dagewesene Sounds zu kreieren. Dann kamen bald 8-Spur-Rekorder und Synthesizer ins Spiel und JMJ wurde zum Elektronik-Pionier. “Godfather of Electronic Music” wird er oft genannt, weil er mit Synthesizern und Samplern die Pop- und Rockmusik nachhaltig beeinflusste, wobei hier natürlich auch seine deutschen Kollegen von Tangerine Dream und Kraftwerk nicht unerwähnt bleiben dürfen. “Mit Edgar Froese von Tangerine Dream habe ich noch auf meinem Album ELECTRONICA 1: THE TIME MACHINE zusammengearbeitet, bevor er im Januar 2015 verstarb”, erinnert sich Jean-Michel Jarre im Interview mit dem Autor. “Und Kraftwerk habe ich Mitte der 70er zum ersten Mal wahrgenommen, als sie ihr Album AUTOBAHN rausbrachten. Für mich sind sie die ‘Beach Boys des Techno’. Und das ist als großes Kompliment gemeint!”

JMJ Planet Jarre Musik aus vier Welten

Nach 50 Jahren Klangabenteuern hat sich JMJ jetzt entschlossen, ausgewählte Highlights seines Werks auf dem Doppelalbum PLANET JARRE – 50 YEARS OF MUSIC in remasterter Form und (selbstredend) exzellentem Sound zu präsentieren. Alle verfügbaren Konfigurationen des Albums werden hier in einem Video vorgestellt. “Ich habe in Ruhe auf mein bisheriges Schaffen geblickt und beschlossen, es zusammenfassen”, berichtet der Maestro. “Ich wollte jedoch keine Best-Of-Scheibe mit aneinandergereihten Hits, für mich muss hinter einem Album immer ein Konzept stecken. Und dabei fiel mir auf, dass ich immer auf vier verschiedene Arten und Weisen komponiere. Somit lässt sich mein Schaffen eben in vier Welten aufteilen, die ich nun mit den 41 Songs von PLANET JARRE – darunter zwei ganz neue und zwei weitere bisher unveröffentlichte Titel aus meiner privaten Sammlung – darstelle.

Die erste Welt sind die ‘Soundscapes’. Das sind visuelle, atmosphärische Stücke im Ambientstil, bei denen mein klassischer Background zum Tragen kommt. Die Musik von OXYGÈNE 1, EQUINOXE 2, WAITING FOR COUSTEAU oder ,THE HEART OF NOISE ist nicht strukturiert wie ein Song, sondern wie ein langes Stück.

Die zweite Welt sind ‘Themes’, die klingen sehr melodiös. Melodien sind für mich das Wichtigste in der Musik. Oft fange ich mit einer simplen Melodie auf Piano oder Keyboard an, um sie herum arrangiere ich dann die Musik, wie in “Industrial Revolution”, “Oxygène 4” oder “Magnetic Fields 2”.

Part 3 sind ‘Sequences’, rhythmische, hypnotische Sounds, die sich wiederholen, beeinflusst von den US-Komponisten Terry Riley und Steve Reich, die mit ihren mikropolyphonen Strukturen als Erfinder der ‘Minimal Music’ gelten. Damit haben sie einen Teil der DNA elektronischer Musik erschaffen. Beispiele sind u.a. der neue Song “Coachella Opening” oder “Arpeggiator” sowie “Exit”, das Stück mit Edward Snowden.

Und die vierte Welt nenne ich ‘Explorations & Early Works’. Da geht’s um meine musikalischen Wurzeln. Als ich Ende der Sechziger mit elektro-akustischer Musik anfing, gab’s noch keine Sampler. Ich benutzte nur Mikrofone, einen Taperecorder und eine Schere, mit der ich das Band zerschnippelte und wieder zusammenklebte, um neue Sounds zu kreieren. Dazu gehören “Souvenir of China”, “Erosmachine” und ein Demo meines Albums MUSIC FOR SUPERMARKETS, von dem ich 1983 nur ein einziges Exemplar pressen und dann für einen guten Zweck versteigern ließ. Eine echte Rarität also.”

Nicht nur Jarres Musik war visionär

Als junger Musikstudent entdeckte JMJ Ende der 60er Jahre in Paris die Faszination elektronischer Musik. “Meine Lehrmeister waren Pierre Schaeffer und Pierre Henry, die Erfinder der musique concrète. Ihre These war, dass wirklich jedes Geräusch auf der Welt Musik ist”, erzählt JMJ noch immer so begeistert wie früher. “Die beiden besaßen damals einen EMS VCS3-Synthesizer. Für mich war das ein magischer Zauberkasten, der mich auf Anhieb faszinierte und den ich erforschen wollte. Eines Nachts brach ich sogar mal ins Studio ein, um ungestört an ihm rumzudoktern.”

Wenig später kratzte Jean-Michel sein Erspartes zusammen, verkaufte seine E-Gitarre und schweren Herzens seine Märklin-Eisenbahn aus Kindertagen und erstand einen EMS VCS3-Synthesizer. Erste Erfolge musste sich Jarre hart verdienen, 1971 schließlich war er der erste Elektronik-Musiker – und zudem der jüngste lebende Musiker – der eingeladen wurde für die Paris Opera zu komponieren. Mit dem auf PLANET JARRE enthaltenen Stück “Aor bleu” wird erstmals ein Ausschnitt daraus veröffentlicht. Um 1976 schließlich erschuf Jarre damit ein Werk, wie es die Welt noch nicht gehört hatte: OXYGÈNE. “Das war in der Tat ein Meilenstein für mich”, blickt er zurück. “Und auch ein riskantes Projekt – denn die Frage war: Wer will Acht-Minuten-Stücke ohne Gesang hören? Meine Plattenfirma war jedenfalls schwer beunruhigt!”

JMJ hielt jedoch eisern an seiner Idee fest und das Soundexperiment funktionierte – und wie! Die Platte, die sich bis heute millionenfach verkaufte, war visionär, nicht nur musikalisch, sondern auch in Bezug auf das Covermotiv: Mutter Erde, aus der ein Totenschädel ragt! “Charlotte Rampling, meine damalige Frau, hatte das Gemälde in einer Galerie in Paris erstanden”, erzählt JMJ. “Als sie es nach Hause brachte, dachte ich sofort: Starkes Motiv für mein Albumcover. Ich fragte beim Maler an und der hatte nichts dagegen. Das Bild ist eine Warnung in Richtung Ökologie und Umweltschutz. Das waren damals keine großen Themen, aber ich befasse mich schon lange damit. Nicht zuletzt, weil ich es liebe, Konzerte im Freien zu geben. Ich bin ja allerdings kein Politiker, sondern Künstler. Und meine Shows sollen keine politischen Großkundgebungen sein, wie bei anderen prominenten Kollegen. Dennoch ich bin der Überzeugung, dass man seinen Zuhörern Denkanstösse liefern kann.”

“Es ist schön, welche Bedeutung elektronische Musik heute genießt”

Sagenhafte 50 Jahre Musik hat Jarre nun schon hinter sich. Und er freut sich, dass die computeraffine Jugend von heute einen guten Zugang zu Elektro-Pop zu haben scheint und dass diese Musik eine große Bedeutung genießt. Bewusst wurde ihm dies nicht zuletzt bei seinem umjubelten Auftritt beim superhippen Coachella-Festival 2017 in Kalifornien. “Und mir wird auch klar, dass ich mehr Zeit meines Lebens mit Maschinen verbracht habe als mit Menschen”, lacht er. “Nicht, dass man mich falsch versteht: Ich liebe Menschen, aber ich verbringe nunmal mehr Zeit allein im Studio. Ich fühle mich dabei wie ein Schriftsteller oder Maler in einem Atelier. Ich mag es aber auch, meine Werke mit Musikern auf einer Bühne vor vielen Menschen zu präsentieren. Es ist paradox: auf der einen Seite die einsame Arbeit im Studio, auf der anderen die Live-Performance vor großem Publikum.”

Ein großes Publikum sah auch 1986 seine NASA-Performance in Houston. Das Thema Weltall und die Idee, mit Astronauten zu musizieren, hatte JMJ bereits damals schon… “Das Lyndon B. Johnson Space Center der NASA in Houston feierte 25jähriges Bestehen. Ich wollte dazu Erde und All musikalisch verbinden”, erinnert sich JMJ. “Es war geplant, dass ich mit dem Challenger-Astronauten Ron McNair, der ein Hobby-Saxofonist war, während seiner Space-Mission die Nummer ‘Rendezvous’ spiele. Er oben im All, ich unten auf der Erde.” Doch dazu kam es nicht – aus tragischen Gründen. Kurz zuvor, im Januar 1986 explodierte die Challenger-Raumfähre Sekunden nach dem Start in Cape Canaveral, alle sieben Astronauten kamen ums Leben. Jarre: “Eine unsagbare Tragödie, die ich in Paris am Fernseher verfolgte. Wenige Stunden zuvor hatte ich noch mit Ron telefoniert. Wir freuten uns auf das gemeinsame Abenteuer. Danach wollte ich aus Trauer alles absagen. Doch seine Freunde bestärkten mich, die Performance in Houston durchzuziehen. Ich habe die Nummer dann mit dem bekannten Saxofonisten Kirk Whalum gespielt, nannte sie ‘Last Rendezvous’ und widmete sie Ron. Dazu gab es eine riesige Lasershow und großartige Projektionen auf die Skyline von Houston. Es war mein Tribut an alle toten Astronauten.”

Jean Michel Jarre
Jean-Michel Jarre denkt in anderen Dimensionen. Bereits am 14. Juli 1979 spielte er erstmals live vor einem Millionenpublikum auf dem Place de la Concorde in Paris. Seitdem steht er mehrfach im Guinness-Buch der Rekorde für die größten Konzerte aller Zeiten: auch in Moskau, vor den Pyramiden von Gizeh, am Toten Meer, in Hong Kong, Beijing, China oder beim Papstbesuch in seiner Heimatstadt Lyon 1986. Das wird ihm bei der Kritik bisweilen als eine Form von Größenwahn ausgelegt. “Nein, keineswegs”, entgegnet JMJ energisch. “Man sollte dabei beachten, dass nicht ich diese Konzerte plane, sondern dazu eingeladen werde – von Staatsregierungen, Bürgermeistern oder Organisationen. Da ich ein neugieriger Mensch bin und gerne neue Dinge ausprobiere, sage ich zu, wenn ich von einem Konzept überzeugt bin. Im Übrigen weiß man im Vorfeld nie, wie viele Besucher am Ende auftauchen. Bei der 850-Jahr-Feier von Moskau 1997 rechnete man vor Ort mit 30.000 Leuten, gekommen sind dann über drei Millionen. Ich war aber nie auf Zuschauerrekorde aus. Richtig ist jedoch, dass meine Konzerte eine gewisse Größe haben müssen, weil ich auf visuelle Effekte setze, die meinen Sound sozusagen illustrieren. Ich setze auf Licht-Projektionen an Häuserwänden, Lasereffekte, Feuerwerk. Eine Show muss spektakulär sein”, betont Jean-Michel, “sonst kann man auch zu Hause bleiben und die Platte anhören.”

PLANET JARRE – 50 YEARS OF MUSIC ist ab dem 14. September 2018 in folgenden Formaten erhältlich:

Jean-Michel Jarre: Planet JarreNummerierte Fan-Box
Planet Jarre ist als nummerierte Fanxbox inkl. 2 CDs, 2 Kassetten und Downloadkarte für das Album und 12 ausgewählte Tracks in 5.1. Sound.
 
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Jean-Michel Jarre: Planet JarreVinyl-Buch (Limited Edition)
Planet Jarre als Vinyl-Buch mit 4 x 180g Vinyl LPs, zusammengefasst in einem Hardcover Buch, inkl. Downloadcode für das Album und 12 ausgewählte Tracks in 5.1. Sound.
 
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Jean-Michel Jarre: Planet JarrePlanet Jarre – 50 Years Of Music
Das allumfassende “Best Of”-Album ist zudem als Doppel-CD und Deluxe Version und natürlich auch digital, als Download und Stream, erhältlich.
 
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Deluxe Version hier bestellen!
 

PLANET JARRE – 50 Years Of Music
Tracklisting:

SOUNDSCAPES

Oxygene 1
Oxygene 19
Rendez-Vous 1
Millions of Stars
Chronology 1
Oxygene 20
Equinoxe 2
Waiting for Cousteau
The Heart of Noise (Origin)

THEMES

Industrial Revolution Part 2
Oxygene 4
Equinoxe 5
Oxygene 2
Zoolookologie
Bells
Equinoxe 4
Magnetic Field 2
Rendez-Vous 2 (Laser Harp)
Rendez-Vous 4
Chronology 4

SEQUENCES

Coachella Opening
Arpeggiator
Automatic Part 1 with Vince Clarke
Exit with Edward Snowden
Equinoxe 7
Oxygene 8
Stardust with Armin van Buuren
Herbalizer
Revolutions

EXPLORATIONS & EARLY WORKS

Ethnicolor
Souvenir of China
Blah Blah Café
Music for Supermarkets (Demo Excerpt)
Roseland / Le Pays de Rose
La Cage
Erosmachine
Hypnose
The Song of the Burnt Barns / La Chanson des Granges Brulees
Happiness is a Sad Song
Aor Bleu
Last Rendez-Vous

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