PAUL SIMON: „GRACELAND“ – 25th Anniversary Edition
1986 erschien Paul Simons Soloalbum „Graceland“ und wurde zu einem der musikalischen Monumente der achtziger Jahre. Die aufwendige Neu-Edition von 2011 feiert den 25. Geburtstag dieser einzigartigen Verbindung von US-Pop, Afro-Folk und Cajun Music.
Text: Ernst Hofacker
No risk, no fun, so heißt es. Ganz so salopp indes dürfte Paul Simon die Kontroverse nicht betrachtet haben, die 1986 im Zusammenhang mit „Graceland“ auf ihn zukam. Für dieses, sein inzwischen achtes Soloalbum hatte er in Südafrika mit einheimischen Musikern zusammengearbeitet, weshalb man ihm nun vorwarf, einen von den Vereinten Nationen initiierten Kulturboykott des Apartheid-Regimes unterlaufen zu haben. Paul Simon sah das anders, er hatte auf die subversive und völkerverbindende Kraft der Musik gesetzt.
Seelenbalsam für Afrika
Der Erfolg gab ihm recht: Die Platte wurde zum Megahit und machte ein weltweites Publikum mit afrikanischen Musikstilen und -traditionen bekannt. Darüber hinaus aber tat „Graceland“ für die afrikanische Musik und das Selbstbewusstsein der dortigen, unter der Apartheid leidenden Künstler mehr als jede UN-Resolution je hätte erreichen können.
Das Wunderbare an der Musik von „Graceland“ war die Selbstverständlichkeit, mit der Paul Simon hier scheinbar Unvereinbares zusammenführte. Im Jahr 1984 war ihm ein Tape mit Akkordeon-Folklore aus dem südafrikanischen Soweto in die Hände gefallen. Schnell hatte er die offenkundigen Parallelen zwischen dieser exotischen Musik und dem Cajun & Zydeco, wie er in den amerikanischen Südstaaten, vor allem in Louisiana, gepflegt wird, sowie dem Rock’n’Roll der 1950er Jahre erkannt. Simon wollte der Sache auf den Grund gehen, flog nach Johannesburg und jammte mit den dortigen Musikern. Innerhalb der nächsten anderthalb Jahre nahm er sowohl in Südafrika wie auch in einigen der besten US-Studios die Songs für „Graceland“ auf.
Exotik für den Pop
Das Ergebnis war schlicht sensationell: Stücke wie „The Boy In The Bubble“, der Titeltrack, „Diamonds On The Soles Of Her Shoes“ oder auch „You Can Call Me Al“ klangen zwar zunächst exotisch, fanden ihren Weg in weiße Pop-Ohren jedoch genauso natürlich wie etwa Eric Claptons Version von Bob Marleys „I Shot The Sheriff“, die eine Dekade vorher den Reggae international salonfähig gemacht hatte. „Graceland“ tat nun das Gleiche für die afrikanische Musik, es bot dem Pop-Mainstream eine Musik, die er nie zuvor gehört hatte und dennoch auf Anhieb verstand – nicht zuletzt dank Simons sensiblem und zugänglichem Songwriting.
So wurde „Graceland“ zum ersten international erfolgreichen World-Music-Album, lange bevor es diesen Begriff gab. Bis heute ist die Platte der Maßstab geblieben, an dem sich Musiker messen lassen müssen, wenn sie Pop mit exotischen Stilen kombinieren wollen.
„Graceland“ als „25th Anniversary Edition“: Den Vogel schießt dabei das „Collector’s Edition Box-Set, es beinhaltet je eine Doppel-CD und Doppel-DVD inklusive Joe Berlingers abendfüllendem Dokufilm „Under African Skies“ (plus Interviews mit Quincy Jones, Harry Belafonte, Peter Gabriel, Paul McCartney u. a.) und Simons „African Concert“ von 1987 sowie Original-Poster, handgeschriebene Lyrics und ein 80-seitiges Buch mit aufschlussreichen Essays und rarem Fotomaterial. In der neuen Jubiläums-Edition ist „Graceland“ zudem als einfache CD, als Vinyl-Package sowie als Set mit je einer CD und DVD erhältlich. Der Film „Under African Skies“ ist überdies separat als Blu-Ray erschienen.
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