Jun
9
2016

Kris Kristofferson: Monumentale Album Collection zum 80. Geburtstag

Kris Kristofferson singing

Er ist ein Viertel der legendären Highwaymen. Und mehr als das: Kris Kristofferson schrieb Evergreens wie „Me And Bobby McGee“ und „Help Me Make It Through The Night“, dazu wurde er als Kinoheld in Filmen wie „Convoy“ zum Giganten in Hollywood. Nun erscheint kurz vor seinem 80. Geburtstag das CD-Boxset „Kris Kristofferson: The Complete Monument & Columbia Album Collection“.

Text: Ernst Hofacker

Die Frauen lieben ihn: groß, kräftig, ein bisschen knorrig. Einer, der zupacken kann, Typ sanfter Bär. Und dann ist da dieses Paar stahlblauer Augen, die direkt in das riesengroße Herz blicken lassen. Nicht zu vergessen die Stimme: tief, ein wenig brüchig und mit dem Charme dessen, der weiß, dass er wohl nicht jede schwierige Note meistern, aber dennoch damit durchkommen wird. Kris Kristofferson ist das Urbild des optimistischen Naturburschen. Logisch also, dass seine musikalische Heimat die des Country und Folk war und ist. Und logisch, dass er zu denen gehört, die das vermeintlich simple und doch so weise Weltbild der Countrymusik in ihren Songs immer gepflegt haben.

Oxford-Absolvent

Geboren am 22. Juni 1936 im texanischen Brownsville, machte der Nachkomme schwedischer Einwanderer seinen Highschool-Abschluss in Kalifornien und schlug zunächst eine akademische Karriere ein. Im englischen Oxford absolvierte er ein Studium der Englischen Literatur, versuchte sich als Boxer und startete nach dem Abschluss im Jahr 1960 erste Gehversuche als Sänger und Songwriter. Nichts deutete da auf seine spätere Karriere hin, im Gegenteil, Kristofferson trat, nicht zuletzt auf Druck seines Vaters, eines ehemaligen Berufssoldaten, in die US-Army ein. Für die nächsten Jahre war er als Hubschrauberpilot im bundesdeutschen Bad Kreuznach stationiert und kümmerte sich ansonsten um seine junge Familie.

Zurück in den USA, nahm er sich 1965 vor, an der berühmten Militärakademie in Westpoint zu unterrichten, überlegte es sich dann aber anders: Er verließ die Army, gab die vorgezeichnete Karriere auf und ging nach Nashville, um in der dortigen Countryszene Fuß zu fassen. Seine Ehe zerbrach darüber, und seine Eltern verstießen ihn – der inzwischen 30-Jährige aber hatte nun seine Bestimmung gefunden.

Neustart in Nashville

Zunächst allerdings musste er ganz unten anfangen – im Wortsinne: Kristofferson wischte bei Columbia Records den Fußboden. Und dann kam Johnny Cash ins Spiel. Das heißt, zunächst seine Frau June Cater Cash. Kristofferson war ihr bei Columbia über den Weg gelaufen und hatte ihr ein Demotape seiner Songs in die Hand gedrückt. Daraufhin aber geschah zunächst einmal – nichts. Bis sich, so die Legende, Kristofferson einen Helicopter schnappte und damit kurzerhand im Johnny Cashs Vorgarten in Hendersonville/Tennessee landete. Kris KristoffersonDass er dann mit einem Bier in der einen und einem Papierstapel selbstgeschriebener Songs in der anderen den Hausherr aufsuchte, gehört allerdings ins Reich der Fabeln. Cash war, wie Kristofferson in einem späteren Interview einräumte, an diesem Tag gar nicht zuhause. Fakt ist: Die beiden Musiker schlossen bald Freundschaft, und der Countrystar nahm mit „Sunday Mornin’ Coming Down“ einen Song des Newcomers auf.

Durchbruch mit Janis & Johnny

Die Reaktion ließ nicht lange auf sich warten, der Song gelangte in der Cash-Version auf Platz eins der Country Charts und wurde als „Song of the Year“ ausgezeichnet. Für Kristofferson ging es nun zügig aufwärts. Janis Joplin nahm seinen Roadsong „Me And Bobby McGee“ auf und landete damit posthum einen Welthit. Gleichzeitig erhielt Kristofferson beim kleinen Plattenlabel Monument Records einen Plattenvertrag und brachte mit KRISTOFFERSON 1970 sein Debüt heraus. Einer der dort enthaltenen Songs, die Ballade „Help Me Make It Through The Night“, bescherte ihm den endgültigen Durchbruch und schaffte es sogar in den Popcharts in die Top Ten. Zudem wurde der Song bald von Kollegen wie Elvis Presley, Gladys Knight und Joan Baez gecovert – Kristofferson hatte es geschafft, war zum Star der Stunde in Nashville aufgestiegen und zählte von nun an zu den angesagtesten Songwritern der US-Szene. Mit den folgenden Alben, THE SILVER TONGUED DEVIL AND I (1971, BORDER LORD (1972) und JESUS WAS A CAPRICORN (1972), konnte er seinen Status konsolidieren.

Traumpaar Kris & Rita

Auch privat fand Kristofferson sein Glück: 1973 heiratete der Mann, dem Affären unter anderem mit Janis Joplin und Barbra Streisand nachgesagt wurden, die halbindianische Sängerin Rita Coolidge. Aus der Ehe, die bis 1980 hielt, ging nicht nur die gemeinsame Tochter Casey hervor, das Paar veröffentlichte auch drei gemeinsame Alben, darunter FULL MOON (1973) mit dem Grammy-gekrönten Kristofferson-Song „From The Bottle To The Bottom“ und BREAKAWAY (1974) mit dem Remake des Clyde-McPhatter-Oldies „Lover Please“, das ebenfalls einen Grammy gewann. Mitte der 1970er-Jahre spielte Kristofferson überdies eine Schlüsselrolle bei der Konstituierung des legendären Outlaw-Movements, mit dem Stars wie Willie Nelson, Johnny Cash und Waylon Jennings eine Modernisierung des konservativen Country-Genres einleiteten.

Zu diesem Zeitpunkt stand Kristofferson jedoch schon fest auf seinem zweiten Karrierestandbein: Als Schauspieler hatte er mittlerweile in Kinoproduktionen von Sam Peckinpah, zum Beispiel „Pat Garrett jagt Billy The Kid“ (1973) und „Bring mir den Kopf von Alfredo Garcia“ (1974), tragende Rollen übernommen. Zum Ende der 1970er-Jahre gehörte er mit Erfolgen wie „Convoy“ (Sam Peckinpah, 1978), „A Star Is Born“ (Frank Pierson, 1976) und „Alice lebt hier nicht mehr“ (Martin Scorsese, 1974) bereits zur Elite von Hollywood.

The Highwaymen.JimMcGuireSupergroup mit alten Freunden

Nach den großen Hits der 1970er-Jahre erhielt Kristoffersons Musikkarriere 1985 noch einmal einen gewaltigen Schub, als er sich mit den alten Kumpels Waylon Jennings, Johnny Cash und Willie Nelson zur Country-Supergroup The Highwaymen zusammentat – das selbstbetitelte Debütalbum kletterte prompt auf Platz eins der Billboard Charts, und die dazugehörige Single „Highwayman“ schaffte es an die Spitze der US-Country-Charts.
Bis 1995 brachte das Quartett noch zwei weitere, höchst erfolgreiche Studioalben (HIGHWAYMEN II und THE ROAD GOES ON FOREVER) sowie die DVD THE HIGHWAYMEN LIVE heraus. Spätestens seitdem zählt der Mann mit der tiefen Stimme und dem charakteristischen Vollbart zu den ganz Großen des US-Entertainments. Am 22. Juni feiert Kris Kristofferson seinen 80. Geburtstag – happy birthday!

Kris-Kristofferson-The-Complete-Monumente-Cover3D

Zum 80. Geburtstag von Kris Kristofferson am 22. Juni veröffentlicht Columbia/Sony Music am 10. Juni mit THE COMPLETE MONUMENT & COLUMBIA ALBUM COLLECTION ein üppiges 16-CD-Boxset. Darin enthalten sind neben den elf Original-Stdioalben, die Kristofferon zwischen 1970 und 1981 bei Monument herausgebracht hat, fünf weitere CDs mit Konzert- und Studio-Livemitschnitten sowie Duettaufnahmen und Raritäten.

Kris-Kristofferson-The-Complete-Monument-Columbia-Album-Collection-CoverAbgerundet wird das Package, das die Alben in Vinyl-Replikas mit dem Original-Artwork präsentiert, durch ein 44-seitiges Booklet mit Liner Notes von Produzent Don Was und dem renommierten US-Journalisten Mikael Gilmore sowie ausführlichen editorischen Infos zu den einzelnen Alben und seltenem Fotomaterial.
Am 20. Mai ist bereits THE HIGHWAYMEN LIVE: AMERICAN OUTLAWS als 3CD/1DVD/Bluray-Set erschienen, parallel gibt es die 16-Track-Zusammenstellung THE VERY BEST OF THE HIGHWAYMEN.