Dec
21
2011

ELVIS: THE KING GOES COUNTRY!

ElvisCountry

Zweifelsohne gehört „Elvis Country“ zum Besten, das der King je auf Albumlänge zu bieten hatte. Nun wird das Meisterwerk aus dem Jahr 1971 als aufwendige Legacy Edition wiederveröffentlicht.

von Ernst Hofacker 

Sommer 1970: Was im Juni im RCA Studio B von Nashville geschah, war oldschool im besten Sinne. In nur fünf Tagen spielte ein Sänger mit seiner Band 35 Songs ein – live, in einem Rutsch und ohne Overdubs oder sonstige Studiotricksereien. Eine Arbeitsweise, die Elvis Presley schon immer bevorzugt hatte und die seinen Qualitäten als Performer entgegenkam wie keine andere. Seine Spontaneität, Emotionalität und Dynamik konnten sich auf diese Weise aus der routinierten Präzision und Spielfreude seiner Band speisen, in der zu jener Zeit Cracks wie James Burton, Harold Bradley und Eddie Hinton (git), Jerry Carrigan (dr), Norbert Putnam (bass) und David Briggs (keyboards) versammelt waren.

Dass bei jenen Sessions das stilistische Pendel deutlich in Richtung Country ausschlug, war zwar Zufall, aber für Presleys musikalisches Spektrum nicht ungewöhnlich. Der Mann aus Tupelo, Mississippi, war als ein Kind der Südstaaten schließlich ebenso mit dem „Blues des weißen Mannes“ aufgewachsen wie mit dem der Schwarzen. Presleys musikalische DNA bestand gleichermaßen aus dem R’n’B von Arthur Crudup wie dem Erbe der Carter Family und den Songs der C&W-Pioniere Hank Williams und Ernest Tubb.

Die zwölf Tracks, die Produzent Felton Jarvis letztlich für „Elvis Country (I’m 10.000 Years Old)“ auswählte, spiegelten denn auch die ganze Bandbreite der Countrymusik: Lupenreiner Bluegrass mit Fiddle und Banjo („Little Cabin On The Hill“) war hier zu hören, dazu aber auch wilder Rockabilly („Whole Lotta Shakin’ Goin’ On“), distinguierte Balladen („Funny How Time Slips Away“) und modernisierter Western Swing („Faded Love“).

Auch wenn sich auf „Elvis Country“ kaum große Hits fanden und die Platte in den US-Charts nicht einmal die Top Ten erreichte, gilt das Album dennoch als eines der homogensten, die Elvis in seiner Laufbahn veröffentlichte; neben den beiden 1956er-LPs sowie „From Elvis In Memphis“ und „From Memphis To Vegas/From Vegas To Memphis“ (beide 1969) ein „Must Have“, das zudem eine der bislang eher unterbelichteten Facetten des King zeigt.

Pünktlich zu Presleys 77. Geburtstag am 8. Januar wird „Elvis Country (I’m 10.000 Years Old)“ nun als aufwendige Legacy Club Edition wiederveröffentlicht. Das Digipack enthält neben dem remasterten Originalalbum auf einer weiteren CD auch das Nachfolgealbum „Love Letters From Elvis“, dessen Material denselben Sessions entstammte. Dazu finden sich insgesamt sechs Bonustracks, darunter die vollständige Aufnahme des auf dem Originalalbum nur in Snippets enthaltenen Tracks „I Was Born About Ten Thousand Years Ago“. Ein Booklet bietet zudem neue Liner Notes und seltenes Fotomaterial.

Ernst-Hofacker_sw2Zum Autor: Ernst Hofacker, Jahrgang 1957, hat als Redakteur unter anderem bei BRAVO, MUSIKEXPRESS und ROLLING STONE gearbeitet. Als Chefredakteur leitete er das Themenmagazin SOUNDS, im Frühling 2010 übernahm er GUITAR DREAMS. Gesprochen hat Hofacker im Laufe der Jahre mit Größen wie Ray Davies und Keith Richards. Dazu hat er diverse Bücher veröffentlicht, darunter das Standardwerk „Confessin’ The Blues – die Musik der Rolling Stones 1963-2010“. Im September erschien sein Buch “Giganten – Die legendären Baumeister der Rockmusik