Sep
9
2011

TONY BENNETT: THE SINGER’S SINGER

TonyBennettAmyWinehouse

85 Jahre alt wurde Tony Bennett vor wenigen Wochen– und nun legt er mit „Duetts II“ ein sensationelles neues Album vor, auf dem er sich das Mikrophon mit jungen Kollegen wie Lady Gaga und Michael Bublé teilt. Wer eigentlich ist dieser graumelierte Herr, den Gesangskünstler quer durch alle Lager so verehren?

Text: Ernst Hofacker

Zuletzt tauchte sein Name aus traurigem Anlass auf. Kurz nach Amy Winehouses Tod wurde bekannt, dass es Tony Bennett war, mit dem die charismatische Engländerin im März dieses Jahres „Body And Soul“, ihren letzten Song, aufgenommen hatte. Beim jüngeren Publikum dürfte Bennetts Namen indes Schulterzucken ausgelöst haben. Dabei war der Mann, der da plötzlich durch einschlägige Portale und Gazetten geisterte, schon im Geschäft, als die Großeltern jener Zuhörer womöglich noch gar nicht auf der Welt waren.

Geboren am 3. August 1926 im New Yorker Stadtteil Queens, begann Anthony Dominick Benedetto seine Karriere in den 1940er Jahren als Jazzsänger. 1950 entdeckte ihn Mitch Miller, damaliger A&R-Chef und Produktionsleiter bei Columbia Records, für die Schallplatte. Schon Bennetts erste Platte, „Because Of You“, wurde ein Nr.-1-Hit, desgleichen die zweite, „Cold Cold Heart“. Womit der Newcomer nebenbei einem zweiten ganz Großen seiner Zunft zum nationalen Durchbruch verhalf: Der Song stammte von Hank Williams, der zu diesem Zeitpunkt noch ein auf die Südstaaten begrenztes Phänomen in der Country & Western-Szene war. „Cold Cold Heart“ wurde in Bennetts Version zum ersten Countrysong, der den Mainstream eroberte und auch außerhalb der USA aufhorchen ließ.

BennettFortan entwickelte sich Bennett zu einem der größten Stars des US-Entertainments, zum Markenzeichen wurde sein samtweicher Tenor. Und er blieb, auch als in den 1960er Jahren Rock und Pop das Zepter übernommen hatten. Zwar musste sich Bennett eine Weile mit Showauftritten in Las Vegas über Wasser halten, 1986 aber gelang ihm mit dem Album „The Art Of Excellence“ ein erstaunliches Comeback, nicht zuletzt durch ihn entdeckte die MTV-Generation das Erbe des „Great American Songbook“. Überhaupt erwies sich Bennett in seinen reifen Jahren als engagierter Lordsiegelbewahrer amerikanischer Entertainment-Traditionen, hochklassige Tribute-Alben für Frank Sinatra, Duke Ellington und Fred Astaire legten davon in den 1990er Jahren Zeugnis ab.

Zu einem der größten Erfolge in Bennetts langer Karriere wurde im Jahr 2006 das Album „Duets: An American Classic“, auf dem er sich das Mikrophon mit der Creme der internationalen Rock – und Popszene teilte: Unter anderem waren mit von der Partie Paul McCartney, Elvis Costello, Diana Krall, Bono, George Michael und Elton John. Ein Konzept, das künstlerisch und kommerziell aufging und mit „Duets II“ nun seine Fortsetzung findet. Highlights diesmal: die Auftritte von Lady Gaga, der bereits erwähnten Amy Winehouse, k.d. lang, Willie Nelson, Aretha Franklin, Queen Latifah und Michael Bublé. Ein Fest für Freunde gediegener Gesangskunst mit einem Zeremonienmeister, dessen Karrierebilanz ihresgleichen sucht. Mehr als 50 Millionen verkaufte Schallplatten und 15 Grammys, drei davon allein für „Duets: An American Classic“, sprechen für sich.

 

Ernst-Hofacker_sw2Zum Autor: Ernst Hofacker, Jahrgang 1957, hat als Redakteur unter anderem bei BRAVO, MUSIKEXPRESS und ROLLING STONE gearbeitet. Als Chefredakteur leitete er das Themenmagazin SOUNDS, im Frühling 2010 übernahm er GUITAR DREAMS. Gesprochen hat Hofacker im Laufe der Jahre mit Größen wie Ray Davies und Keith Richards. Dazu hat er diverse Bücher veröffentlicht, darunter das Standardwerk „Confessin’ The Blues – die Musik der Rolling Stones 1963-2010“. Im Frühjahr erscheint „Legenden – 25 Rockmusiker im Porträt“.